Nachdem
Kxìrya mich vom See zurück ins Lager der Rey’engya gebracht hatte, verstand ich
erst langsam wie sinnlos meine Aktion war. Was half es mir ‘wegzurennen‘?
Genau... nichts.
Trotz
dieser ersten Einsicht viel es mir dennoch nicht einfacher.
Kxìrya
führte mich zurück zur Feuerstelle, wo schon Sey mit den anderen sich weiter
beriet, an welchen Stellen im Wald nach mir gesucht werden sollte. Umso
erstaunter waren die Gesichter der Smuktu (Geschwister), als sie mich mit Kxìrya zurückkommen
sahen. Der Olo’Eyktan(Stammesführer), Sey, wandt sich ebenfalls zu
uns um und sah dabei nicht wirklich mit erleichterndem Blick mich an. “Ngal pesengit
tolok (Wo
warst du?)“, sprach er mit einen raunendem Unterton in seiner
Stimme.
Erst
als ich Sey respektvoll das Zeichen des Sehens zu meiner Stirn vollführte,
antwortete ich: “Oel ro ‘orati tolok (Ich war beim See.)“
Anschließend
erläuterte ich Sey, was der Grund für meine Flucht aus dem Lager war.
Zurückblickend auf meine Vorgeschichte konnte er es irgendwo verstehen, dennoch
sah er meine Aktion kritisch. Er erklärte mir daraufhin welche Risiken entstehen, wenn junge, unerfahrene Na’vi alleine im Wald umherstreifen. Mit einem betrübten
Blick schnitt Sey kurz die Ereignisse von Ari’lana an, welche ebenfalls davon
lief, aber nicht mehr lebend zurückkehrte. Ebenso die Möglichkeit, dass
man ein Rudel Aynantang (Viperwölfe) ungewollt mit ins Lager zieht und
somit jeden in Gefahr bringt. Mit diesem neuen Wissen verstand ich viel besser
den Anlass, wieso man mir untersagte das Lager alleine zu verlassen ohne vorher
Bescheid zu geben. Kxìrya wie auch Sey bemerkten an meiner Körperhaltung die Reue, die ich für meine Tat empfand und sie verziehen mir. Dennoch gab der Eyktan (Anführer) mir eine kleine Bestrafung.
“Ngal
ylltxepit vivewng (Du wirst dich um die Feuerstelle kümmern.)“, sprach Sey mit ernster Stimme und setzte sich dann wieder zu den anderen. Für
ihn stand dies nun fest, weshalb er auch keinerlei Bestätigung von mir
einforderte. Anfänglich kam mir der Gedanke *Und
dies ist nun meine Strafe? Das Feuer nicht verlöschen lassen?*, denn bei
dieser doch simplen Aufgabe verbarg sich ein für mich im ersten Moment nicht erkennbarer Brauch.
Wieder
war es Kxìrya, die Tsahìk (Schamanin), welche mein fast leeres Gefäß
füllte, indem sie mich zu einem freien Fell brachte und mir die Bedeutung der
Feuerstelle erklärte. Die hohen Flammen, das Licht und die Wärme des Feuers
spiegeln die Harmonie des Clans wieder. Wenn das Clanfeuer verlöscht, so
Kxìrya, stirbt der Clan. Man vergab mir die Aufgabe, die Flammen zu nähren nicht
ausschließlich als Strafe, sondern in erster Linie als erster Beitrag an der Gemeinschaft.
Es war für mich der erste Schritt ins Clanleben, der Anfang einer langen Reise.
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