Mittwoch, 30. Oktober 2013

Tìlaw / Gewissheit

Tawtute a lu tsmukan Dallanä emramey.
(Der Himmelsmensch, der Dallans Bruder ist, hat überlebt.)


Sey und ich brachen nun auf, um uns Gewissheit über den Verbleib des tawtute (Himmelsmenschen) zu verschaffen.  Mit unseren Ikranen (Banshees)  flogen wir nun in die Richtung, die Txällän (Dallan) zuvor beschrieben hatte. Die Reise dauerte dann doch länger als erwartet. Unweit eines verlassenen Lagers der Menschen, ließen wir die Ikrane (Banshees) zurück. Sey übernahm von hier an die Führung. Wir schlichen durch unbekanntes Terrain. Spuren waren viele zu finden. Die meisten davon schienen aber schon älter. Ich fand etwas unweit des Lagers am Boden einen kleinen Gegenstand, den ich erkannte als etwas, das der tawute (Himmelsmensch) bei sich getragen hatte. Ich kenne aber nicht den Namen dieses Dings. Sey hat es sich auch angesehen und entschieden, da wir nicht wissen was es sein könnte,  es nicht an uns zu nehmen. Nun aber war klar, dass der tawute (Himmelsmensch), wie von Txällän (Dallan) beschrieben, tatsächlich hier zurück gelassen wurde. Nichts weiter deutete im Moment darauf hin, das auch andere Menschen hier sein könnten. 

Unweit des kleinen Flusses aber fand Sey dann doch frische Spuren. Allergrößte Vorsicht war nun geboten. Da unser sawtuteyä tsmukan  (Menschenbruder) uns vor möglichen Fallen gewarnt hatte, beschloss Sey, dass wir einen direkteren Weg nehmen würden, um dichter an das Menschenlager heran zu kommen. Unmittelbar vor der Stelle, an welcher man in die Behausung gelangen konnte, berieten wir was zu tun sei. Sey konnte den Geruch des Menschen, den Txällän (Dallan) hier zurück ließ, wieder  erkennen. Nun ist Gewiss, dass dieser alles andere als tot war. Hier hinaus in den Wald würde der Mensch von allein nicht kommen.

Nach einigem abwägen entschlossen sich Sey und ich, ins Innere des Lagers vorzudringen.  Unbekannte Gerüche konnte ich hier wahrnehmen. Es gab einen glatten Felsen der durchscheinend war und sich kühl anfühlte. Die Behausung war umrahmt von anderen künstlichen Felsen. Ähnlich wie das Lager von Txällän (Dallan) bei uns im Tal. Ich folgte Sey erst einmal bis zu einer kleineren Eisenfläche, die man aufstoßen konnte um noch weiter ins Innere zu gelangen. Ich hatte einmal im Tal der Tipani beobachtet, wie der Mensch, den wir Pali nannten, dies tat um durch den Felsen zu gehen.  Sey ging dann hindurch und schaute sich um. Ich blieb an der Öffnung stehen um Sey von dort abzusichern. Wieder nahmen wir so viele fremde Gerüche war. Sey erkannte dennoch unbeirrt den Eigengeruch des Menschen heraus, nach dem wir suchten. Er war sicher, dass dieser sich hier irgendwo versteckt hielt und uns vielleicht sogar beobachtete.

Sey beschloss noch mehr zu erkunden und fand Eisenwände, hintereinander angeordnet, die sich von allein bewegten und wieder einen Eingang frei gaben. Er genießt mein vollstes Vertrauen, so folgte ich ihm auch dort hindurch. Das atmen wurde zunehmend schwerer als eine der Eisenwände sich hinter mir schloss. Nach ein, zwei Versuchen stellte mich nun so, dass diese auf blieb. Mehr und mehr beschlich mich großes Unbehagen. Hinter diesen beweglichen Eisenwänden fand sich ein Weg, der überall hinführte. Spuren zu finden oder gar zu lesen ist hier nicht möglich. Der Boden war wie ein glatt geschliffener Stein. Sey schlich noch ein paar Schritte in eine Richtung. Aber wieder teilte sich der Weg in verschiedene Richtungen. Auch er fühlte, dass die Gefahr von Augenblick zu Augenblick wuchs. Wir befanden uns hier in der Welt des tawute (Himmelsmenschen). Eine Welt, in der er sich bestens auskennt und bewegen kann.  Wir aber, obwohl zu zweit, sind in dieser verloren. In einer gänzlich unbekannten Welt nach einem gefährlichen Gegner zu suchen, erschien auch Sey ein lebensmüdes Unterfangen.  Obwohl er, sowie auch ich, den tawute (Himmelsmenschen) unbedingt stellen wollten, mussten wir erkennen, dass dies eher unser Leben kosten würde als das seine.  Wir wussten nun, was wir wissen wollten. Der tawute (Himmelsmensch) lebt. 
Auf schnellstem Wege verließen wir diesen Ort. Wieder Boden unter den Füßen zu spüren, und den Wald zu wittern, ließ uns beide, so glaube ich, wieder sicher sein und aufatmen. Sey fand auf dem Rückweg zu den Ikranen dann noch mehr alte Spuren vieler sawtute (Hmmelsmenschen). Kurze Zeit später hörten wir Seys treuen Freund. Sein Ikran (Banshee) schien nach ihm zu rufen, wir hörten seinen Schrei.  Mein Ikran Tutean wurde dann auch sehr unruhig. Dennoch nutzte ich noch die Gelegenheit, die ausgegangen Pflanzen und Kräuter, so wie es uns Kxìrya aufgetragen hatte, einzusammeln und zu verstauen. Sey mahnte auch hier zur Eile während er mich absicherte. 

Unser Lager erreichten wir recht erschöpft. Zum Reden war weder Sey noch mir zu mute. Auf Kxìryas Frage hin erwähnte Sey daher nur knapp, das der tawute (Himmelsmensch), wie befürchtet, noch lebt, im Moment aber nicht unmittelbar eine Bedrohung sei. Tswero schien es etwas besser zu gehen. Als wir zum Feuer kamen, machte er mit Unterstützung von Kxìrya schon erste Gehversuche.  Es kehrte dann aber doch schnell Ruhe ein. Auch ich war für einen langen Abend einfach zu müde von der Reise und dieser aufreibenden Entdeckungen.
Ich nutze den folgenden Tag um an meinem Bogen weiter zu arbeiten. Die kleine Matyme hatte ihrer sa’nu (Mama) und mir ihr selbstgemachtes Kleidchen vorgeführt, das sie nun endlich fertig hatte für die Feier. Psst, aber das ist ein Geheimnis.  Sie freute sich riesig darüber und ich fand sie wirklich süß darin. Und ich war schon stolz darauf, das auch ich es sehen durfte und mir unsere kleine taronyu fa rum (Jägerin der Kugeln) so sehr vertraut.

Auf unser geplantes Fest angesprochen, reagierte Kxìrya dann doch etwas unerwartet für mich. Den Verlust ihres muntxatan (Ehemannes) Winatron und sempu (Papa) Maytames, hat sie noch nicht überwunden. Natürlich nicht. Es irritierte mich nun aber doch, was sie dann in ihrem Schmerz vorgab, tun zu wollen. Nämlich den Palulukan (Thanator) ausfindig zu machen, der ihren muntxatan (Ehemann) und die Familie Seys tötete um es ihm, mit gleichem Tun, heimzuzahlen.  Wie sie genau dieses Tier finden will, ist mir unbegreiflich.  Ich sagte ihr dann unmissverständlich, dass der Palulukan (Thanator) nicht wissentlich oder bewusst  ausgesucht hat, genau Wina, Kee und Tsìlpey zu töten, es liegt in seiner Natur. Und wir töten kein Tier nicht aus Rache für etwas, wovon es nicht einmal weiß. Schlimmer noch, Kxìrya würde sich dadurch niemals besser fühlen und es würde weder Wina noch Seys Familie nützen oder sie gar zurück bringen. Ich hoffe inständig, dass meine Freundin versteht und noch dazu würde dieser offene Kampf ganz sicher für sie tödlich enden. Es schien mir, dass letzte Wort darüber war noch nicht gesprochen. Ich mache mir so meine Gedanken und sorge mich. 
Nim’wey kehrte an diesem Abend von ihrer Reise zurück. So ließen wir dieses Thema ruhen.

ta Ne‘wey

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