Donnerstag, 31. Oktober 2013

Sämok a Tsarota hek / Einkurioser Vorschlag von Tsaro

Ayoer Tsarol peng 'uot a hek nìtxan.
(Tsaro berichtet uns von einer sehr merkwürdigen Sache.)

Als ich aufwache, sind Maytame und ich die einzigen, die noch in der Höhle sind. Alle anderen scheinen bereits unterwegs zu sein. Ich bleibe noch eine kleine Weile mit meiner Tochter Das gestrige Gespräch mit Ne'wey geht mir nicht aus dem Kopf. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie mir zugehört hat und auch dafür, dass sie mir wieder den rechten Weg gezeigt hat. Wäre dies nicht der Fall, ich weiß nicht wo ich jetzt wäre und ebensowenig, ob ich überhaupt noch leben würde.

Es war an sich ein banales Gespräch zwischen uns. Wir redeten über verschiedene Dinge. Dann fiel jedoch eine Bemerkung, die mich meinen muntxatan (Ehemann) wieder einmal vor meinem geistigen Auge sehen ließ. Wut stieg in mir auf und auch ein wenig Verzweiflung. Ich fragte mich, wie so oft schon nach dem Sinn, dass Eywa Seys und meine Familie zerstört hat. Haben wir nicht immer nach ihrem Plan versucht zu handeln?

Ist es zunächst nur eine vage Idee, manifestierte sich binnen kurzer Zeit ein regelrechter Plan daraus in mir. Ich war fest entschlossen, den Palulukan (Thanator) zu suchen, der uns dies antat, um ihn zu töten. Es war ein erdrückendes Rachegefühl in mir, das mehr und mehr die Oberhand gewann. Ne'wey gab mir aber zu bedenken, dass dieses Tier nur seinem Jagdinstinkt gefolgt ist, so wie auch wir jagen, um unseren Hunger zu stillen. Sie hatte ja Recht und in meinem Inneren weiß ich auch, dass meine Gedanken nicht nur falsch sind, sondern dass sie für mich auch mit dem Tod enden könnten. Hinzu kommt noch, dass ich hier im Clan Aufgaben zu erledigen habe. Ich bin stolze Mutter einer wirklich tollen Tochter, ich sorge dafür, dass alle bei bester Gesundheit bleiben und vieles andere.

Darum beschließe ich am heutigen Tag erst einmal Holz zu sammeln. War dies eigentlich die Aufgabe von Ne'weys Schülerin Seysyu, so erledige ich dies heute, da Seysyu immer noch nicht wieder aufgetaucht ist. Maytame hilft mir dabei. Naürlich kann sie keine sehr dicken und schweren Stämme tragen, aber auch ein paar dickere Zweige brennen schon ein Weilchen. Außerdem hoffe ich, dass sie dadurch den Wald etwas besser kennen lernt, da sie immer sehr ängstlich ist, wenn sie dort hin kommt.

Als wir zurück in unsere Höhle kommen, treffen kurz nacheinander Sey, Ne'wey und auch Tsaro, der von seiner Erkundungsreise zurück ist, ein. Sey macht sich an dem großen Beerenbehälter zu schaffen und hat schon sehr bald beide Arme tief darin vergraben, um die Beeren duchzurühren, damit zu unserem baldigen Fest ein ganz besonderes Getränk bereit stehen kann.

Tswero geht es wieder etwas besser. Er bittet mich dann, ihm noch einmal auf zu helfen, damit er ein paar Schritte laufen kann. Tsaro bietet seine Hilfe an, ihn ebenfalls abzustützen, doch Tswero lehnt dies ab. Er möchte zu Sey gehen und sich ansehen, was der da an dem Beerenbottich macht. Wie beide gehen die paar Schritte dann und ich bemerke, dass Tswero sehr gute Fortschritte macht.

Tsaro berichtet unterdies darüber, dass er auf seiner Reise nichts außergewöhnliches hat entdecken können. Als er von der Herkunft Tsweros Wunden hört, beginnt er uns eine Geschichte zu erzählen, über die wir dann sehr bald in ein äußerst interessantes und von verschiedenen Meinungen geprägtes Gespräch kommen. Nicht nur dass er uns von einem Clan erzählt, der von einem tawtute (Himmelsmenschen) angeführt wird , er berichtet auch von einer Paste, von der er uns sogar etwas zeigen kann, mit der man angeblich den Angriff eines Palulukans (Thanators) abwehren können soll.
Tsaro beschreibt, dass diese Paste wohl aus Torukkot (letzter Schatten) hergestellt wird und dass man sich damit nur einreiben müsste, um eiem solchen Angriff zu entgehen. 

Allerdings räumt Tsaro ein, dass er bisher noch niemals gesehen hat, dass es jemand benutzt hat und dass ihm ebenfalls keine Berichte vorliegen, dass es jemand anderem mit Hilfe dieser Paste gelungen wäre, einen solchen Angriff zu überleben, bzw. abzuwenden. Ne'wey ist außer sich, als sie dies hört und auch ich kann mich anfangs eines Schmunzelns nicht erwehren, dass sich jedoch schon bald zu ernsten Blicken gegenüber Tsaro ändert. Einzig Tswero scheint von Tasros Erzählungen mehr zu halten, als wir, denn er räumt ein, dass nicht alle Dinge der sawtute (Himmelsmenschen) schlecht sein müssen und dass es durchaus Dinge bei ihnen gibt, die uns in mancherlei Situationen helfen könnten.

Durch Dallan weiß ich um einige dieser Dinge, daher glaube ich ein gutes Argument gegen Tsweros Ansicht einwerfen zu können, indem ich erkläre, dass selbst Dallan es vorgezogen hat, auf viele seiner Menschensachen zu verzichten, um sich unserer Art zu leben anzupassen und einer von uns zu sein. Gut, ohne seine Atemmaske wäre dies nicht möglich. Von daher hängt sein Leben von diesem Gerät ab. Aber andere Dinge, wie etwa seine Bilderfalle (Datenpad) hält er fern, wenn wir alle zusammen sind. Nur wenn es einmal gar nicht anders geht, benutzt er sie und selbst dann bittet er uns zumeist um Erlaubnis.

Ich bin mir sicher, dass wir die Dinge der sawtute (Himmelsmenschen) nicht brauchen und auch nicht wollen. Dennoch finde ich unser Gespräch sehr interessant, fällt mir dabei doch etwas ganz anderes auf. Obwohl alle sehr unterschiedlicher Meinung sind, diskutieren wir ohne jeglichen Groll miteinander. Jeder wird angehört und die Meinung eines jeden wird von den anderen, wenn auch nicht geteilt, dann aber zumindest respektiert.

Sey wird immer stiller, immer in sich gekehrter. Unsere Blicke treffen sich immer wieder für Momente und ich glaube auch, den Grund hierfür zu kennen. Er denkt, da bin ich mir fast sicher, daran, dass Kee, seine Tochter und auch mein muntxatan (Ehemann) eventuell noch leben könnten, wenn. Tsaro spricht diesen Gedanken sogar offen aus.

Aber Tsaro erzählt noch weiter. Unbeirrt berichtet er von einem Clan, dessen olo'eyktan (Clanführer) ein tawtute (Himmelsmensch)  sein soll. Nicht nur ich kann mir das nicht vorstellen, bemerke ich, als ich die daraus resultierenden Gesichtsausdrücke der anderen bemerke. Ne'wey scheint innerlich immer aufgewühlter zu werden und ich muss mir eingestehen, dass auch ich mich bei diesem Gedanken äußerst unwohl fühle. Ein tawtute (Himmelmensch), der mir sagt, was ich zu tun und zu lassen habe...

Nachdem Tsaro sich dann später verabschiedet hat, bleiben Ne'wey, Tswero, Maytame und ich alleine am Feuer zurück. Meine kleine Jägerin knuddelt sich schon den ganzen Abend an Ne'wey. Ich glaube solche Gespräche sind für sie mehr als langweilig, weil sie noch viel zu jung ist, um deren Inhalt wirklich begreifen zu können. Daher finde ich es sehr rücksichtsvoll von Ne'wey, dass sie sich trotz ihrer aufgebrachten Stimmung um die Kleine kümmert, während ich mich immer wieder um Tsweros Verletzungen kümmere.

Als Tswero dann irgendwann eingeschlafen ist, werden auch wir ruhiger. Sey scheint in Gedanken zu sein. Vermutlich denkt er, wie auch Ne'wey und ich über Tsaros Geschichten nach, die nun wirklich mehr als merkwürdig klingen. Sey beschließt dann, bei Tswero am Feuer zu schlafen, während Ne'wey und ich mit Maytame zu unseren Schlafplätzen gehen. Fast schon auf dem Weg dorthin beschließe ich jedoch, mir nun endlich einmal die Zeit zu nehmen, um zu unserer großen Mutter zu sprechen und um vielleicht endlich einmal die Gelegenheit zu haben, Winas, Kees oder Tsìlpeys Stimmen zu hören.

Ich vermisse sie alle sehr... Am meisten jedoch meinen muntxatan (Ehemann)...

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