Montag, 15. Juli 2013

Ayupxare afe / Schlechte Nachrichten

Atxkxe ayoeyä lu spxin nìtxan.
(Unser Land ist sehr krank.)

Eine Hand legt sich mir zärtlich auf eine Wange uns streichelt mich sanft. Es ist Winataron, mein muntxatan (Ehemann), der mich so liebevoll aufweckt. Mit einigen sehr lecker aussenden Früchten steht er vor unserem Cocon und, nachdem wir uns innig umarmen, küssen und uns, wie immer, sehr liebevoll begrüßen, kommt mir spontan eine Idee. "Magst Du mich zum Wasserfall begleiten?", frage ich ihn: "Wir könnten dort gemeinsam etwas essen."  Er streichelt mir über den Bauch und begrüßt unser Kind, wobei ich wieder einmal feststelle, wie sehr er es bereits jetzt schon lieben muss.

Wir beobachten den Wasserfall, als wir auf der Brücke ankommen, umarmen uns auch hier noch einmal und lassen uns dann nieder, um die Früchte zu genießen. Leider wird diese Idylle jedoch ein wenig gestört, da mein yawntu (Liebster)  anscheinend Geräusche aus Richtung unseres Lagers wahrnimmt. Ich bekomme zunächst nichts davon mit, zu sehr bin ich mit mir, dem Kind und Winataron beschäftigt.

Doch dann höre ich es auch. Wina hilft mir, da das Aufstehen doch ein wenig kompliziert und auch beschwerlich ist, dann gehen wir ins Lager, wo wir auf Dallan treffen. Obwohl der Ausdruck seines Gesichtes es uns schon ankündigt, lässt seine Nachricht uns dann doch erst einmal zusammenzucken. Er berichtet davon, dass unser Land unheilbar krank ist und dass er keine Hoffnung mehr habe, um uns irgendwie helfen zu können. Mir verschlägt es die Sprache und ich spüre, wie ich innerlich immer aufgeregter werde.

Als Sey eine geraume Zeit später ebenfalls zu uns kommt, ist auch sein Blick eher finster. Nachdem er jedoch dann aber ebenfalls Dallans Neuigkeiten angehört hat, scheint in ihm etwas zu zerbrechen. "Unser Land ist vergiftet.", erklärt Dallan so ausführlich er kann. "Es ist eine sehr schlimme Krankheit, die das Blut zerstört und die alle Lebewesen und sogar Pflanzen befallen kann."  Übersetze ich sonst immer für Sey und die anderen, ist mir im Moment irgendwie alles egal. Am liebsten würde ich mit Wina zusammen weglaufen. Aber wohin?  Und wäre dies nicht der falsche Weg? Ich würde meinen Clan, meine Familie, meine Freunde im Stich lassen. Nein!

Als Dallan dann mit Sey zur Menschensiedlung geht, um ihm alles noch genauer zu zeigen und zu erklären, bleibe ich mit meinem yawntu (Liebsten) am Feuer zurück. Irgendwie ist es mir gerade recht, mit ihm ganz alleine zusein und nur seine direkte Nähe spüren zu können. Es dauert eine ganze Zeit, ehe wir ein Gespräch beginnen. Es ist ein Gespräch über uns und darüber, dass wir schon bald eine große Verantwortung übernehmen werden. Zuversichtlich sagt er mir leise mit seine tiefen, brummigen Stimme: "Ma yawntu (Liebste), wir werden das schon hin bekommen, so wie wir bisher auch alles andere gemeinsam geschafft haben, Du wirst schon sehen."  Seine Zuversicht stärkt mich ein wenig, dennoch bleibt die Sorge, wie es weiter gehen soll?

Ich wechsle jedoch dann zu einem Thema, das mir schon seit etwas längerer Zeit auf dem Herzen liegt. Oft habe ich den Eindruck gehabt, dass Wina gern zärtlich mit mir gewesen wäre. Auch ich habe diesen Wunsch oftmals ein wenig verdrängt aus Sorge, dass es unserem Kind vielleicht schaden könnte. Dabei weiß ich natürlich, dass dies eigentlich nicht passieren kann. Wir reden noch lange Zeit über Dinge, die nicht den ganzen Clan betreffen, doch nach und nach werden wir beide immer müder und schließlich nimmt mich Winataron fest in seine Arme, um gemeinsam mit mir hier an unserer Feuerstelle einzuschlafen. 

Als ich dann meine Augen wieder aufschlage, ist mir zunächst so, als hätte Wina mich aufgeweckt, doch dann erkenne ich, dass ich immer noch mit meinem Kopf auf seinem Bauch liege, er mich in seinen Armen hält und Dallan es ist der zu mir gesprochen haben muss. Was er und Sey gemeinsam herausgefunden haben, lässt mich einfach nur erschaudern. Er ist es auch, der berichtet, während Sey noch stiller geworden zu sein scheint, als er es vorhin schon war. Dallan berichtet dann, dass uns nur noch wenige Tage bleiben, um ein neues Land zu suchen, in dem wir dann vielleicht eine neue Heimat finden werden. Es tut sehr weh, dass wir wieder einmal gezwungen werden, unsere alte Heimat zu verlassen...

Aus unserer Höhle kommt Ari'lana zu uns und fragt uns alle ebenfalls, was denn mit unserem Land passiert, was wir tun können und ob sie uns dabei helfen kann. Sie ist so aufgeweckt. Doch ehe ich ihr antworten kann, spüre ich plötzlich einen stechenden Schmerz in meiner Bauchgegend und krümme mich stöhnend etwas  zusammen. Ich glaube, sehr bald wird es losgehen. Dies scheinen jetzt die ersten Anzeichen zu sein, dass ein neues Leben bereit ist, seinen Weg anzutreten...

Nach einigen Augenblicken, geht es mir dann aber wieder gut, doch nun ist es Ari'lana, der etwas zu fehlen scheint. denn ihr läuft eine dünne Blutspur  aus der Nase. Natürlich ist sie besorgt darüber, aber ich beruhige sie und helfe ihr dann und schon nach kurzer Zeit ist die Blutung gestoppt. Allerdings schaut Dallan nun etwas enttäuscht. Er hatte sich erhofft, einige Tropfen Blut von ihr untersuchen zu können, ohne sie dafür verletzen zu müssen. Er wollte, wie er uns dann erklärt, nachschauen, ob sie vielleicht etwas von dieser Krankheit in sich tragen könnte.

Um ihm dies dennoch zu ermöglichen, wenden Sey und ich dann doch einen kleinen Trick an. Sey und ich lenken Ari'lana ein wenig ab, während Dallan sich von hinten an sie anschleicht, um ihr mit einem sehr feinen, spitzen Stachel in die Haut zu stechen und ihr etwas Blut zu entnehmen. Sey macht seine Sache wirklich sehr gut. Man merkt ihm deutlich an, dass er ein sorgender sempul (Vater) ist und dass er ein eigenes Kind hat. Als Ari'lana den Einstich spürt, ist es zu spät. Sie faucht Dallan und auch uns an uns sie tut mir in diesem Moment sehr Leid und ich fühle mich etwas hinterhältig ihr gegenüber. Doch glaube ich, ist es jetzt wichtiger für den ganzen Clan, dass wir die Sicherheit haben, ob Ari'lana erkrankt ist oder nicht.

Nur wenige Momente später kommt von Dallan dann die erleichternde Antwort: "Ma smuktu (Geschwister), Ari'lanas Blut ist völlig in Ordnung. Es besteht kein Grund zur Sorge."  Er strahlt und nun zeigt zum ersten mal auch Sey heute eine Regung. Er ist erleichtert und freut sich darüber. Dallan gibt Ari'lana dann, auch um sich bei ihr für diesen Vorfall zu entschuldigen, ein kleines Geschenk von dem er sagt, dass die Kinder der Welt, aus der stammt, so etwas lieben würden. Ari'lana scheint es ebenfalls sehr zu schmecken...

Sey steht dann auf, ihm liegt die Sache mit unserem Tal doch sehr auf dem Herzen. Nur zu deutlich sieht man ihm immer wieder an, was in ihm vorgeht. Er beschließt, zum vitra utral (Baum der Seelen) zu gehen, um für den Clan der Rey'angya zu Eywa zu beten. Dallan hat es dann auch sehr eilig. Er macht zwar einen sehr müden Eindruck, aber ich glaube, er wird nicht sehr viel Schlaf bekommen. Seine Forschungen treiben ihn voran, vielleicht doch noch eine Lösung für unsere Problem zu finden.

Ich lege mich wieder zu Winataron, der von alldem nichts mitbekommen hat. Er schläft tief und fest und das einzige, das man immer mal wieder hört, ist ein Brummen mit seiner markant tiefen Stimme. Ich biete Ari'lana an, sich zu uns zu legen und so geht wieder ein Tag vorüber. Wieder ein Tag mit vielen Ereignissen, Fragen und Problemen. Werden wir eine Lösung finden...?  

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