Donnerstag, 27. März 2014

Srake eylan fu kutu / Freunde oder Feinde?

Pxaya u längamen ulte pxaya u längayen.
(Viele Dinge sind leider geschehen und werden auch leider noch geschehen...)

In unserem Land geht etwas vor sich. Nicht nur ich spüre das, auch Sey, Tsaro, Ne'wey, Sey'syu und die anderen bemerken die Veränderungen. Sogar Maytame fallen Dinge auf, nach denen sie mich hin und wieder fragt. Hatten Txällän (Dallan) und Neo, worüber wir alle uns natürlich sehr freuen und den beiden gegenüber dies auch mehrmals schon zum Ausdruck gebracht haben, dafür gesorgt, dass diese metallenen Röhren nun endlich verschwunden sind, tauchen nun mehr und mehr neue Probleme auf. Der Clan, so kommt es mir manchmal vor, ist trotz seiner Verbundenheit oft zerteilt...

Es sind diese zum Teil großen Gegensätze, die mich immer wieder auch verärgern. Ich versuche jedoch, dies nicht immer nach außen hin zu zeigen. Hatte ich mich darüber gefreut, dass Nìm'wey nach so langer Zeit wieder den Weg zu uns zurück gefunden hatte, so betrübt und verärgert es mich umso mehr, dass sie es ist, die mit mir und Ne'wey zusammen auf zwei sawtute (Himmelsmenschen) trifft. Es ist uns nicht einmal möglich, dass Nìm'wey mir von ihrer wirklich langen Reise, ihren Erlebnissen und ihren neuen Erfahrungen erzählen kann. Auch würde ich gerne mit Ne'wey noch einmal ein Gespräch führen, um sie zu ihrer Reise ein paar Dinge zu fragen. Aber vielleicht frage ich sie einfach mal, ob sie mich auf ihrem uran (Boot) mitnimmt?  Einfach mal die sawtute (Himmelsmenschen) und deren sìngäzìk (Probleme) und aysngum (Sorgen), und wenn auch nur für eine kleine Weile, hinter uns lassen...

Tsaro und Ne'wey... Manchmal denke ich etwas über die beiden nach... Obwohl Ne'wey auf meine diesbezügliche Frage ein wenig ausweichend antwortete, glaubte ich spüren zu können, dass die beiden sich, wenn auhc langsam und in kleinen Schritten, immer näher kommen. Ich bin froh darüber, denn die beiden ergänzen sich irgendwie. Ne'wey, die manchmal von Hass auf die sawtute (Himmelsmenschen) etwas voreingenommen scheint und Tsaro. Er kennt die Menschen besser als so mancher von uns, erlebte sie in guten und auch schlechten Zeiten, als Freunde und als Feinde und er hat Interesse an dem, was sie tun.

Doch oftmals währen solche Gedanken nicht sehr lange. In den letzten Tagen ist für beinahe nichts anderes Zeit, als für unsere mespe'etu (beiden Gefangenen). Selbst wenn sie schlafen, drehen sich die Gespräche und Gedanken oftmals nur um sie, um das was sie tun, was sie vor haben und was sie alles tun könnten. Sicher, wir müssen Informationen aus ihnen heraus bekommen, um danach unser Vorgehen planen zu können, doch gehen unsere eigenen Sorgen, Fragen und auch Ideen dabei mehr und mehr unter, befürchte ich.

Ellie, wie sich diese tawtuté (Menschenfrau) nennt, scheint gerissen und hinterlistig zu sein. Darum haben wir sie auch von Spike, dem tawtutan (Menschenmann) getrannt. Während er draußen auf unserem Kampfplatz an einen Baum gebunden die meiste Zeit mit schlafen verbringt, scheint Ellie pausenlos darüber nachzudenken, wie sie aus ihren Fesseln und dann aus dem Käfig heraus kommt, in den wir sie eingesperrt haben. Wasser und Nahrung haben die beiden bis auf eine kleine Ausnahem bisher wehement abgelehnt. Entweder sind sie sehr mutig oder unsagbar dumm...

Als Sey nach einem etwas längeren Erkundungsgang zurück ins Lager kommt, sieht er Ellie zum ersten Mal. Spike waren wir ja schon im Wald begegnet, als wir diese Röhren zerstört hatten. Doch auch wenn er bei diesem ersten Zusammentreffen den Eindruck hinterließ, dass er uns gegenüber zumindest nicht feindselig eingestellt ist, zweifle ich daran ebenso wie Sey. Er wird die kleinste, sich ihm bietende Chance nutzen und fliehen. Auch Ne'wey äußerte bereits mehrmals ihre Bedenken. Sey'syu hingegen scheint von den beiden sehr angetan zu sein. Ich bemerke oft, dass sie sehr interessiert und dabei viel zu dicht an Ellies Käfig oder vor Spikes Füßen steht.

Jedoch ist diese Anspannung darüber, dass wir nun zwei Gefangene haben, allgegenwärtig. Oftmals glaube ich in einigen Gesichtern den Ausdruck der Angst, des Widerwillens und des Hasses sehen zu können. Ich danke Eywa, dass es bisher während der Nachtwachen noch nciht zu ernsten Zwischenfällen kam. Wenn die sawtute (Himmelsmenschen) versuchen würden zu fliehen und dabei jemanden von uns angreifen würden, wäre dies unverzeihlich und vermutlich würde wieder ein schwerer Krieg entbrennen. Ich bete zu Eywa, dass dies nicht geschehen möge. Mein Wunsch, zusammen mit Maytame sa'nu (Mama) bald besuchen zu können werde ich wohl wieder einmal aufschieben müssen. Oder soll ich einfach losfliegen?  Kehe (Nein), ich lasse die Rey'engya in einer solchen Situation nicht im Stich.

Auf alle Fälle ist aber das Clanleben sehr in Unordnung. So sehr, dass Sey'syu, meine yawntu (Liebste) nun sehr krank ist. Nachdem sie vorgestern, Ne'wey hatte sich gerade von uns verabschiedet, vom See zurück kam, klagte sie über starke Kopfschmerzen und Schwindel. Natürlich machte ich ihr gleich etwas, um ihr zu helfen. Gestern jedoch verschlimmerte sich ihr Zustand und ich muste in den Wald, um einige Pflanzen und Wurzeln zu besorgen. Ich untersuchte sie und stellte erleichtert fet, das sie nicht von einem kalì'weya (Skorpion) gestochen worden war. Es war nur ein sehr kleiner Stich, den ich oberhalb ihres rechtn Knöchels fand. Vermutlich war es nur ein kleines Insekt, dennoch leidet sie aber an dem nicht ganz ungefährlichen Flussfieber. Doch weshalb ist sie gestochen worde?  War sie nur wegen der Aufregung um die sawtute (Himmelsmenchen) etwas unaufmerksam?  

Es tat mir sehr weh im Herzen, als Sey'syus Geist dann zusehends verwirrter wurde. Sie schrie Sey und mich an, beschimpfte uns und drohte, sie würde den ganzen Clan umbringen. Natürlich wird sie sich daran später vermutlich nicht erinnern können und ich weiß, dass sie keines ihrer Worte ernst gemeint hat. Trotzdem haben Sey und ich sowohl ihre Waffen, als auch unsere etwas entfernt von Sey'syu abgelegt. Sie ist im Augenblick unberechenbar und bekäme sie ein Messer zu fassen, dann würde sie in ihrer Verwirrtheit auch damit um sich stechen. Daher machte ich ihr etwas von diesem eklig bitter schmeckenden Wurzelbrei. Sey und ich flößten es ihr ein und, obgleich es noch recht lange deuerte, schlief sie dann, in sich zusammengekauert, irgendwann ein. Doch ich spürte zum ersten Mal, wie eng wir bereits miteinander verbunden sind.

Nun ist sie es, die ich während der Nacht bewachen muss. Im Gegensatz zu unseren Gefangenen, würde ich für Sey'syu jedoch mein Leben geben. Sey wird vielleicht am Morgen etwas böse mit mir sein, weil ich ihn nicht, wie abgemacht, noch einmal zur Wache geweckt habe, sondern ihn schlafen ließ. Aber er wird mich verstehen...

Während ich nun hier am Feuer neben meiner yawntu (Liebsten) sitze und sowohl sie, als auch den schlafenden Sey beobachte, läuft die Zeit vor meinem inneren Auge ab und ich beginne eine Art Traum zu träumen. Während Sey'syu flach, aber ruhig und gleichmäßig atmet, sehe ich Bilder und glaube einige Empfindungen auch ein wenig spüren zu können. So saß ich einst viele Tage lang zusammen mit Beyda neben unserer sehr kranken Tsahìk (spirituelle Clanführerin). Ich bereite noch einige Dinge vor, um ihr, wenn sie aufwacht, etwas zum Essen und Trinken geben zu können, rühre vorsichtshalber noch etwas von diesem faulig bitter riechenden Brei an und ertappe mich dabei, wie ich irgendwann anfange sempus (Vatis) Lied zu summen...

Frakrr nga yawne lu oer ma nawma sampul (Ich liebe Dich immerzu, Vater)...

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