Donnerstag, 10. April 2014

Ayaungia amip Eywata / Neue Zeichen von Eywa

Lam fwa layu oe tsahìk ahay Rey'engyayä. Mll'an oel tìftxeyt Eywayä ulte nayume. 
(Es scheint, dass ich die nächste Tsahìk der Rey'engya werde. Ich werde Eywas Wahl akzeptieren und werde lernen.)

Kaum wache ich soeben auf, ist sie mein erster Gedanke. Ne'wey. Ich eile zu ihr in unsere Höhle, schleiche mich zu ihrem Cocoon und stelle dann beruhigt fest, dass sie noch schläft. Eigentlich habe ich auch nichts anderes erwartet, denn nach dem Tee, den ich ihr gestern am Feuer verabreicht habe, weiß ich, dass sie einige Tage lang sehr tief schlafen muss. Doch ist es eine innere Unruhe, die mich nach ihr schauen lässt. Ich bin für sie, oder besser ihre Gesundheit, verantwortlich. Als ich so neben ihr stehe und darüber nachdenke, was für eine seltsame Krankheit diese starke Müdigkeit in ihr hervorgerufen haben könnte, kommt mir eine Idee. Es ist nur ein vager Gedanke, aber ich suche dennoch ihren ganzen Körper selbst nach kleinsten Insektenstichen ab.


Korlan, so erinnere ich mich, berichtete mir vor sehr langer Zeit einmal von einer winzig kleinen Insektenart, die eine solche Krankheit verursachen kann. Ich denke, ich muss damals selber noch numeyu (Schülerin) gewesen sein. Die Maguyuk (befreundeter Nachbarclan) lebten noch hoch oben auf einem der Iknimaya Berge (schwebenden Felsen) in unserem alten Land... Tsaros Aussage nach sollen die Stiche dieser Tiere nahezu unsichtbar und allenfalls mit den Fingerspitzen zu ertasten sein. Daher bitte ich meinen tsmukan (Bruder), mich zum Lager der Maguyuk zu begleiten. Tac'ìri wird mir, so meine Hoffnung, sicherlich helfen oder mir zumindest einen Ratschlag geben können, weshalb Ne'wey von einer derartigen Krankheit geplagt wird, dass sie sich nicht alleine auf den Beinen halten kann. Insgeheim hoffe ich sehr, dass meine Entscheidung richtig war, Ne'wey mit einem starken Beruhigungstee in einen langen Schlaf zu schicken.
Tsaro, und ich hätte auch nichts anderes von ihm erwartet, begleitet mich dann zum Lager unseres befreundeten Clans. Wir nehmen den Weg, der uns am Ufer des Flusses entlang führt, um im Falle eines Falles eine Möglichkeit zur Flucht zu haben. Dennoch bin ich sehr wachsam, lausche allen Geräuschen und wittere immer wieder. Ich bemerke, dass Tsaro ebenso aufmerksam ein Stück neben mir entlang schleicht. Nachdem wir dann einen umgestürzten Baum dazu benutzen, den Fluss zu überqueren, halten wir kurz inne, da wir beide wohl die selben Geräusche wahrnehmen. Wir schauen uns um, verständigen uns nur wortlos mit Gesten und unserer Körpersprache und arbeiten uns noch vorsichtiger durch das Dickicht hindurch. Tsaro ist nahezu unsichtbar und eins mit seiner Umgebung. Nur durch seine Witterung kann ich seinen Standort ausmachen.
Ein großer Fußabdruck auf dem Waldboden erregt meine Aufmerksamkeit. Tsaro ein Zeichen gebend, knie ich mich gleich neben der Spur hin und erkenne, dass es sich um den sehr frischen Abdruck eines Palulukan (Thanators) handelt. Tsaro nickt mir zustimmend zu, da er der selben Ansicht ist. Nun müssen wir noch vorsichtiger sein. Nur zu gut weiß ich, wie spontan und überraschend sie scheinbar aus dem Nichts angreifen können. Ich deute Tsaro, der offenbar einen ähnlichen Gedanken verfolgt, dass wir uns etwas voneinander trennen sollten, damit wir als etwaige Beute dieser Jäger bessere Chancen haben zu entkommen und uns außerdem gegenseitig zur Hilfe kommen können.
Sehr langsam huschen wir witternd und beobachtend von Deckung zu Deckung. Schließlich ist es dann Tsaro, der auf eine weitere Fährte der selben Art stößt. Wir werfen uns kurz leicht besorgte Blicke zu, denn dieser Abdruck hier ist sehr nahe am Lager der Maguyuk (befreundeter Nachbarclan). Meine Geste, dass wir unsere Freunde unbedingt warnen müssen, versteht Tsaro sofort und so bewegen wir uns direkt auf das Lager zu, huschen schließlich unter dem Torbogen hindurch und ich verstecke mich vorsichtshalber noch einmal hinter einem großen Strauch.

Doch Tac'ìri, die gerade neben Korlan an der Feuerstelle sitzt, hat uns längst gewittert. Unsere Begrüßung ist etwas kürzer als gewöhnlich, dafür aber sehr herzlich. Wir berichten den beiden dann von unseren Entdeckungen   und ich atme innerlich etwas erleichtert auf, als Korlan bestätigt, dass er diese Fährten ebenfalls schon entdeckt und seinen Clan gewarnt hätte. So kann ich dann sehr schnell auf den eigentlichen Grund unseres Besuches zu sprechen kommen und erzähle Tac'ìri von Ne'weys Erkrankung. Ich erläutere ihr auch, was ich bereits dagegen unternommen habe. Die einstige Heilerin hört mir geduldig zu und scheint dann einige Momente in sich zu gehen, um über das Gesagte nachzudenken.
Korlan wirkt besorgt und schaut seine muntxate (Ehefrau) an, unterbricht sie jedoch, ebenso wie auch Tsaro, nicht. Dann fragt Tac'ìri mich einige Details, die ich ihr, so genau es mir möglich ist, erkläre.Ich bemerke jedoch, dass Korlan auch etwas auf dem Herzen zu haben scheint. Doch zunächst höre ich dem zu, was Tac'ìri mir dann erklärt. Ihre Ratschläge sind gut, ihre Fragen wohl überlegt und sie gibt sich wirklich alle Mühe, mich, uns zu unterstützen. Auch sie erzählt unter Anderem von dieser winzigen Insektenart, von der Tsaro vorhin sprach und ich stimme Tsaro dann zu, als dieser vorschlägt, dass wir beide Ne'wey gemeinsam untersuchen sollten, um nach einem dieser gefährlichen Stiche zu suchen.
Korlan, dem ich inzwischen eine gewisse Unruhe anmerke, ist wohl etwas erleichtert, als wir unser Gesprächsthema dann ändern und auf das zu sprechen kommen, was er zu berichten hat. Er beginnt zu erzählen, was er an jenem Tag, als wir gemeinsam diese metallenen Röhren aus dem Wald entfernt haben, bei den ayutral aymokriä (Stimmenbäumen) erlebte und was sich nur wenige Tage später am vitra utral (Baum der Seelen) dann wiederholte. Nun wird es still. Niemand sagt etwas und selbst unsere Atemgeräusche werden nahezu unhörbar leise. Korlan berichtet sehr ausführlich und beinahe jedes seiner Worte, jede seiner geschilderten Empfindungen und alles, was er von Eywa und unseren Ahnen hörte deckt sich mit dem, was ich in letzter Zeit immer wieder erlebe. Er berichtet davon, dass er, wie auch ich, einige der Tipani sprechen und singen hörte, dass eine alte Tsahìk (spirituelle Clanführerin)  zu ihm sprach und dass er sogar einige aysyaksyuk (Affen) am vitra utral (Baum der Seelen) sah - Meine Traumtiere. Als er jedoch erzählt, dass Kxìrya, mein Name, dort erwähnt wurde und dies von einem gewissen Kxorìm, stockt mir der Atem und ich spüre, wie mein Herz anfängt zu rasen. "Kxorìm...", bringe ich mit etwas zittriger Stimme heraus, "Sempul oeyä fko syamaw." ("Mein Vater wurde Kxorìm genannt.")

Dann ist es lange Momente still in unserer Runde. Niemand sagt etwas und ich habe das Gefühl, alle denken an das, was mir auch gerade durch den Kopf geht. Schließlich breche ich das Schweigen und berichte von meinen Erlebnissen der letzten Zeit und auch davon, dass ich mit Sey, Tsaro und auch einigen anderen bereits darüber sprach, dass sich die Aufgaben, die ich ihm Clan der Rey'engya in Zukunft zu erfüllen habe, sich wohl sehr stark verändern werden. Unsere Vermutungen scheinen sich nun durch Korlans Erzählungen zu bestätigen, dass die Rey'engya wieder eine neue Tsahìk (spirituelle Clanführerin) bekommen werden und Eywas Plan scheint es zu sein, dass dies wohl ich sein werde. Tsaros Lächeln nimmt mir meine innere Anspannung ein wenig und auch Tac'ìris Ausdruck lässt mich die spontane Unsicherheit, die sich in mir ausbreiten will, hinfort schieben. Ich denke an sempu (Vater), sehe Winataron, Txu und sogar Ayn'at, meine einstige Lehrerin, vor meinem geistigen Auge.
Irgendwie habe ich es vielleicht gewusst oder geahnt, aber ebenso überwältigt mich dieser Gedanke auch. Alle, die gerade um mich herum sitzen, sprechen mir Zuversicht und Mut zu. Sie haben ja Recht. Wenn Es Eywas Plan ist, werde ich mich nicht dagegen wehren können, es aber auch nicht wollen. Sie setzt großes Vertrauen in mich und weiß, dass ich die mir gestellten Aufgaben und auch Prüfungen gewissenhaft versuchen werde zu bewältigen. Aber ich spüre, dass ich es ganz ohne die Hilfe der anderen nicht schaffen werde. Zumindest jetzt noch nicht. Eines weiß ich nur mit absoluter Sicherheit: Ich werde mich einer weiteren Prüfung stellen müssen - Meinem zweiten uniltaron (Traunjagd). Daher werde ich den Clan bald für einige Tage verlassen, um einen kali'weya (giftige Spinnenart) zu suchen. Und Sey, das weiß ich ebenso sicher, wird ihn mir ansetzen...

Die Nacht bricht herein und ich beschließe, Tsaro zu folgen, der vor einer Weile bereits das Lager der Maguyuk (befreundeter Nachbarclan) verlassen hatte, um noch einmal nach Ne'wey zu schauen. Ich werde ihn nun ablösen, da er bereits in der letzten Nacht kaum Schlaf bekommen hat, da er neben ihrem Lager wachte. Ich weiß, er wird sie immer beschützen und ich wünsche mir für den Clan, dass die beiden sich eines Tages vor Eywa verbinden werden. Sie hat die Wege unserer mesmuk (beiden Geschwister) nicht zufällig aufeinander treffen lassen, dessen bin ich mir sicher. Auch dies ist ihr Plan und es ist ein guter Plan...


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Alle Bilder zu diesem RP findet Ihr in meinem flickr Fotoalbum.


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