Mittwoch, 9. April 2014

Ne'wey 'efu spxin / Ne'wey fühlt sich krank.

Po frakrr 'efu ngeyn nìtxan sì meyp. Ke omum nìno, pesäspxin latzu?
(Sie fühlt sich immer sehr müde und schwach. ?  Ich weiß nicht genau, welche Krankheit es sein könnte.)

Es lässt mich nicht richtig ruhen, dass Ne'wey offenbar etwas krank geworden ist, denn ich erwache bereits lange vor allen anderen. Mit meinem Bogen bewaffnet mache ich mich auf den Weg, um zu zu beobachten, wie der neue Tag anbrechen wird. Ich klettere auf einen hohen Baum und schwinge mich mittels einiger Lianen ein Stück weit bis ich zu einer der Hängebrücken komme, die vor sehr langer Zeit irgendjemand hier in unserem Wald aufgehängt haben muss. Es ist noch recht still. Nur vereinzelt höre ich hier und dort, ein Tier erwachen oder über mich hinweg ziehen. Unser Land ist wieder wo unglaublich lebendig geworden, dass es mich jedes Mal mit Freude erfüllt, wenn ich hier her kommen kann, um das alles beobachten zu können.

Mit Tsaro und Ne'wey, denen ich auf dem Weg zurück am See begegne, wechsle ich nur einige kurze Worte. Ich denke, die beiden möchten vielleicht auch einmal alleine miteinander reden. Als ich einige Zeit später wieder unser Lager erreiche, versuche ich noch einmal das, was ich in den letzten Tagen schon einmal ausprobiert hatte. Ich entzünde einige Kräuter, lösche aber die Flammen sofort wieder, damit sie nur glimmend viel Rauch erzeugen, der einen wohligen Geruch um mich herum verbreitet und entspannend zu wirken scheint.

Wie lange ich dann vor den rauchenden Kräutern sitze, vermag ich nicht zu sagen. Aber ich erlebe etwas, über das ich mir Gedanken machen werde und auch muss. Als ich jedoch meine Augen wieder aufschlage, weiß ich in den ersten Momenten nicht, ob das, was sie mir zeigen, der Wirklichkeit entspricht. Ne'wey liegt auf einem Fell, Tsaro hockt neben ihr und Sey'Syu, die nur ein paar Schritte entfernt von den beiden steht. schaut irgendwie ratlos ins Feuer. Ich bin gleich wieder voll konzentriert und wende mich Ne'wey zu. Sie ist kaum in der Lage, die Augen offen zu halten und auf meine Fragen zu antworten, sagt immer wieder nur, dass sie unsagbar müde sei und Schmerzen in Armen und Beinen verspüre.

Tsaro, der ihr derweil etwas zum Essen zubereitet, klärt mich darüber auf, das er sie vom See bis hier hinauf ins Lager getragen habe, da sie alleine sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Ich fühle mich egoistisch und blind. Ich hätte sehen müssen, dass mit ihr etwas nicht stimmt, hätte die Zeichen der letzten beiden Tage deuten müssen, an denen sie bereits immer sehr müde zu sein schien. Stattdessen ließ ich sie, meine beste 'eylan (Freundin),  am See zurück. Ich danke Tsaro innerlich mehr, als ich es nach außen hin auszudrücken vermag, dass er bei ihr war und ihr geholfen hat. Dafür werde ich ihm noch zu danken haben...

Doch nun gilt es erst einmal heraus zu finden, woran sie erkrankt ist. Was verursacht diese übermäßige Müdigkeit und ihre Schmerzen?  Da ich äußerlich nichts ungewöhnliches an meiner Freundin feststellen kann, kommt mir der Gedanke an eine Art Vergiftung oder eine Krankheit, die vielleicht sogar von einem zum anderen weiter gegeben werden kann. Also bereite ich ihr erst einmal etwas zu, das ihre Schmerzen lindern wird. Dazu nehme ich die sehr langen und scharfkantigen Blätter einer bambusartigen Pflanze. Die orange Farbe signalisiert nicht nur Gefahr, man muss auch sehr vorsichtig mit den spitzen Blättern umgehen, da man sich leicht an ihren scharfen Kanten schneiden kann, was dann sehr schmerzhaft sein kann. Aber ich weiß, dass sie sich in heißem Wasser zu einer Spirale zusammenrollen. Dabei werden die scharfen Kanten dann ungefährlich.

Ne'wey muss nun den sauren Geschmack dieser Blätter aushalten, was sicherlich unangenehm für sie ist. Aber sie ist tapfer und macht genau das, worum ich sie bitte. Während Tsaro sie etwas stützt, da sie immer wieder umzufallen droht, koche ich einen Tee, dessen Zusammensetzung ich einst von einer Tsahìk (spirituellen Clanfüherin) gelernt habe. Da ich es für falsch halte, etwas gegen ihre Müdigkeit zu unternehmen, mache ich das genaue Gegenteil. Der Tee wird sie für eine lange Zeit einschlafen lassen. Im Schlaf wird ihr Körper dann, so meine Hoffnung, etwas gegen die Erkrankung unternehmen. Möge Eywa ihr dabei helfen...

Sey'syus Frage, wie lange Ne'wey nun schlafen wird, kann ich nicht genau beantworten. Es können einige wenige, aber auch viele Tage sein und es hängt auch zum Teil von der Art ihrer Erkrankung ab. Aber es spielt auch keine Rolle. Soll sie nur so lange schlafen, bis sie wieder ganz gesund ist. Ich bitte Tsaro darum, sie in ihren Cocoon zu tragen, was dieser sich auch nicht zwei mal sagen lässt. Ich schätze ihn sehr und bitte ihn, er möge mich jederzeit, auch in der Nacht, holen, wenn sich Ne'weys Zustand verschlechtern sollte.

Nachdem wir uns voneinander verabschiedet haben und ich Ne'wey, auch wenn sie es nicht mehr mitbekommt sage, dass wir alle sie pflegen und und uns um sie kümmern werden, setze ich mich zu Sey'syu. Irgendwie brauche ich jetzt ihre Nähe. Eine Weile sitzen wir noch am Feuer, ohne dabei viel zu sagen. Jeder kennt die Gedanken des Anderen. Dann legen wir uns gemeinsam auf ein  Fell und urplötzlich überkommt auch mich eine Müdigkeit, wie ich sie bis dahin noch niemals gespürt habe...

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