Mittwoch, 2. April 2014

'efu oe nìtram nìtxan / Ich bin sehr glücklich

'ivong atxkxe ayoer sì fratsengit tok sìreyli amip.
(Unser Land erblüht und überalle ist neues Leben.)

Schon die Geräusche, als ich eben neben Sey'syu aufwache, lassen mich erfreut aufhorchen. Ayayo (Vögel), aysyaksyuk (Affen), der entfernte, tief grollende Ruf eines talioang (Sturmbeest)  und eine Vielzahl anderer Geräusche dringen zu meinen Ohren. Ich lege meinen Kopf auf Sey'syus Brust und lausche einen Moment lang dem Takt ihres gleichmäßig schlagenden Herzens. Ich bin glücklich über all diese Dinge, die hier in unserem Land und unserem Clan gerade geschehen.

Da ich es mir natürlich nicht nehmen lassen werde, Sey'syu zu ihrem sä'eoio saronyuyä (Ritual der Jäger) zu begleiten, lasse ich meine yawntu (Liebste) noch schlafen und gehe zuerst zu der kleineren Feuerstelle hinüber und dann zu dem Gestell, an dem wir gestern das Yerik (hirschähnliches Tier) aufgehängt haben. Hier stelle ich schon einmal einige Schalen bereit. Eine, um das Herz des Tieres darin ablegen zu können und einige tiefere Schalen, die das Blut auffangen werden. Dazu lege ich ein paar große Blätter bereit, in die ich das Herz dann später für den Transport zu seinem endgültigen Bestimmungsort einwickeln werde.

Ich höre eine Stimme aus der Richtung des Kampfplatzes. Tsaro ist zurückgekehrt. Er war für einige Tage im Wald und als ich ihn erreiche, steht er vor unseren Gefangenen. Wir unterhalten uns aber nur kurz darüber, denn dieses Thema ist im Augenblick für mich eher unwichtig. Sie leben und Txällän (Dallan) soll sich ihrer annehmen, um weitere Informationen für uns aus ihnen heraus zu bekommen. Wenn er denn irgendwann einmal aus seiner Menschensiedlung zu uns zurück kehren wird...

Viel interessanter und überdies auch wichtiger finde ich, dass unser Clan viel an Stärke gewonnen hat und dass sich auch immer wieder neue Bindungen bilden. Tsaro und Ne'wey sind das aktuelle Beispiel. Wenn sie aufeinander treffen, sehe ich zwei Kinder, die sich gegenseitig ärgern, sich Streiche spielen, aber die sich trotz allem mögen und dabei auch respektieren. Dies zeigt sich insbesondere als wir dann am Feuer sitzen. Sey'syu ist inzwischen ebenfalls aufgewacht und sitzt auf einem Fell. Tsaro und Ne'wey hocken dicht nebeneinander.

Lange Zeit beobachte ich die beiden unbemerkt, Als ich zu unserer Trommel hinüber gehe, um darauf zu spielen, scheinen dies die beiden anfangs gar nicht richtig wahrzunehmen. Nur Sey'syu beginnt zu tanzen und ich schaue ihr dabei immer wieder zu. Tsaro bietet Ne'wey, allerdings nur ihr, etwas Wasser an. Auch Früchte reicht er ihr. Auch wenn ich ihm dies niemals vorhalten würde, bisher war ich so etwas unter den Rey'engya nicht gewöhnt. Wenn einer etwas hat oder tut, so werden zumindest immer die gefragt, die noch nichts haben oder machen, ob sie Teil daran haben wollen.

Sey'syu bewegt sich zu meinem Trommelspiel und als mir auffällt, dass ich ein Lied spiele, das noch niemand kennen dürfte, weil ich es selber erst vor wenigen Tagen am vitra utral (Baum der Seelen) hörte, werde ich einen Moment lang stutzig. Sonst wird man mit Fragen überhäuft, wenn man etwas neues in den Clan einbringt. Aber heute...?

Trotzdem aber erfüllt es mich mit tiefer Freude, wenn ich sehe, wie diese mesmuktu (beiden Geschwister) miteinander umgehen. Da sie trotz alldem ihre Aufgaben innerhalb des Clans sehr ernst nehmen, würde ich ihnen niemals etwas vorwerfen oder ihnen gar etwas verbieten wollen. Alleine mein Respekt vor Ne'wey, meiner besten 'eyla (Freundin) verbietet mir so etwas. So trommle ich munter weiter, Sey'syu tanzt dazu und es entsteht eine ausgelassene Stimmung. Als ich dann eine kleine Pause machen will, damit ich Sey'Syu kurz etwas sagen kann, bittet Tsaro mich, ich möge doch weiter spielen. Er scheint die Klänge unserer Trommel zu genießen. Ich tue es, da mir heute nichts und niemand meine gute Laune und meine Freude über die Vorgänge in unserem Clan und auch in unserem Land nehmen kann.

Neues Leben entsteht, wohin man auch sieht, unsere Jäger und Krieger werden von Tag zu Tag stärker und der Clan genießt eine innere Verbindung zueinander, die ich so manch einem anderen Clan nur wünschen kann. Eywa meint es sehr gut mit uns...

Sey'syus Bewegungen zu meinem Trommelspiel gefallen mir, daher beobachte ich beinahe jeden ihrer geschmeidigen Schritte. Tsaro und Ne'wey reden unterdessen miteinander. Ich bekomme mit, dass sie wohl in der nächsten Zeit planen, öfter mal zu zweit etwas zu unternehmen. Auch wenn ich es mag, gemeinsam mit dem Clan hier am Feuer zu sein und zu reden, so wünsche ich mir auch etwas Zeit, um mit meiner yawntu (Liebsten) alleine sein zu können. Aber ich habe Geduld, meine Aufgaben und weiß, dass ein sehr schöner und auch einschneidender Tag unaufhaltsam auf uns beide zu kommt...

Tsaro geht dann in den Wald hinaus und für einen Moment kommt es mir so vor, als wäre Ne'wey etwas traurig darüber. Kurz nachdem er sich verabschiedet hat, beschließt Ne'wey dann auch aufzubrechen. Auch sie erklärt, dass sie noch einmal in den Wald gehen wird. So bleiben Sey'syu und ich am Feuer zurück und reden noch eine Weile miteinander. Obwohl es nur ein kurzes Gespräch ist, genieße ich dennoch diese Zweisamkeit mit ihr.

Wir legen uns dann gemeinsam am Feuer schlafen, doch ich bleibe noch eine Weile wach und erfreue mich an den Stimmen der inzwischen aktiv gewordenen Nachttiere. Auch diese Geräusche sind in ihrer Menge mehr geworden. Eywa meint es sehr gut mit uns...

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