Sonntag, 9. Juni 2013

Ari'lanati rolun ayoe / Wir finden Ari'lana

Hì'ia 'evenget a fko syaw Ari'lana rolun pxoel 'awmlok ayoeyä.
(Wir finden ein kleines Kind namens Ari'lana nahe in der Nähe unseres  Lagers.)


Der Clan der Rey'anga wächst und wächst. Eywa meint es wohl gut mit uns.  Doch der heutige Tag fängt alles andere als fröhlich an. Hatte ich die letzte Nacht noch gemeinsam mit meinem muntxatan (Ehemann) Winataron in unserem Cocon verbracht, so muss ich mit Bestürzung jetzt, als ich aufwache feststellen, dass er wohl bereits wieder in den Wald gegangen ist, um an seiner Überraschung weiter zu arbeiten. Wie gerne wäre ich mir ihm gemeinsam erwacht...

Auch wenn ich weiß, dass er uns beide wirklich sehr liebt und alles für uns tut, kann ich meinen Zorn zunächst doch nicht verbergen. Ich bin froh, dass ich niemandem begegne, als ich aus der Höhle hinaus komme und nehme mir nur ein paar Früchte und etwas Wasser, hänge mir meinen Bogen und den Köcher um, um dann auf einem pa'li (Schreckenspferd)  davon zu reiten. Ich muss noch einmal über die Gespräche nachdenken, die ich mit Kee und Sey geführt habe. Im Moment wird mir irgendwie alles zu viel glaube ich...  Mein Kind bewegt sich fast von Tag zu Tag stärker. Ein wunderbares Gefühl. Ob es meine Gedanken und Gefühle spüren kann...?

So reite ich sehr langsam und gemächlich etwas umher. Am Flussufer entlang kommend fällt mir dann auf, dass die Gebäude der sawtute (Himmelsmenschen) mehr und mehr verfallen. "Eywa sorgt dafür, dass das Gleichgewicht erhalten bleibt.", denke ich bei mir, frage mich aber gleichzeitig auch, wie es mit Dallan dann weiter gehen soll?  Woher soll er seine Luft bekommen, wenn seine Hütten mal nicht mehr sind?

Ich reite weiter und gelange schließlich zu dem breiten Fluss, von dessen Ufer aus man die Berge sehen kann, die von der Morgensonne in ein rötlich braunes Licht getaucht werden. Hier verweile ich eine ganze Zeit lang, esse meine Früchte und beobachte die Insekten, die fleißig ihrem Tagwerk nachgehen. Mein pa'li (Schreckenspferd) wird plötzlich etwas unruhig und trappelt auf der Stelle hin und her. Ich schaue mich um und entdecke dann den kali'weya (skorpionartiges, giftiges  Spinnentier), der über einen großen Stein gekrabbelt kommt. "Tam, ma pa'li...", beruhige ich mein Reittier, "alles in Ordnung."  Bei dem Anblick des Tieres muss ich unweigerlich an mein uniltaron (Traumjagd) denken, das nun schon eine lange Zeit zurück liegt, mir aber immer noch in allen Einzelheiten im Gedächtnis ist, als sei es gerade gestern erst geschehen.

Auf dem Weg zurück durchquere ich den Wald. Auf einer kleinen Lichtung halte ich kurz an, denn die Spuren auf dem Boden erregen mein Interesse. Ich steige kurz von dem pa'li (Schreckenspferd) ab und untersuche sie. Es sind die Spuren der jungen Yeriks (hirschähnliche Tiere), stelle ich fest. Hier haben sie wohl vor einiger Zeit nach Futter gesucht. Die Rufe weit entfernter salioang (Sturmbeestes) lassen mich kurz aufhorchen, dann steige ich wieder auf und verbinde mich mit dem pa'li (Schreckenspferd). Langsam traben wir in Richtung des Lagers zurück und wieder spüre ich für einige Momente, wie mein Kind sich bewegt. Ich bin einfach nur glücklich und freue mich über jede noch so kleine Regung dieses neuen Lebens in mir. Doch ich weiß, in einiger Zeit werde ich es wohl manches Mal verfluchen...

Im Lager angekommen, treffe ich auf Dallan, der an unserer Feuerstelle liegt und zu schlafen scheint. Ich steige von dem pa'li (Schreckenspferd), löse die Verbindung und klopfe ihm dankbar auf seinen Hals. Dann mache ich mir einen kleinen Spaß und stupse Dallan leicht an, während ich recht laut brülle: "Aaaaalaaarrrmmm!"  Ich weiß von Dallan, dass die Soldaten wohl immer auf diese Weise geweckt werden, wenn etwas passiert ist.

Was dann geschieht, hatte ich jedoch nicht beabsichtigt. Dallan springt, plötzlich hellwach, auf, reißt seine Waffe hoch und richtet sie auf mich. Bei Eywa, versetzt mir das einen Schrecken. Meinen Fehler einsehend entschuldige ich mich sofort bei ihm und hasse mich selber einen Augenblick lan dafür. Er erklärt mir dann, dass dies bei den sawtute (Himmelsmenschen) das gleiche ist, als würde ich einen Palulukan (Thanator) mit Steinen bewerfen. Er erzählt mir dann, was er in der letzten Zeit so gemacht hat. Ich freue mich, ihn wieder zu sehen und ihm fällt sogar mein dicker gewordener Bauch auf.

Als Nìm'wey zu uns kommt, wechselt unser Gesprächsthema und ich unterhalte mich mit ihr darüber, was wir denn anlässlich unseres bevorstehenden Festes machen wollen. Sie hatte mir ja ihr hübsches Gewand gezeigt und ich zeige ihr nun auch mein neuestes Machwerk. Ihr scheint es zu gefallen, aber ich lege es gleich wieder ab, da die Federn recht empfindlich sind.

Dallan scheint plötzlich Schwierigkeiten mit seiner Luftversorgung zu haben, denn er kippt für einen Moment einfach zur Seite um. Nìm'wey und ich versuchen ihm zu helfen und sie entdeckt dann, dass an seiner Atemmaske etwas nicht in Ordnung zu sein scheint. Allerdings muss ich ihm dann mit etwas Nachdruck dazu raten, dass er das in seiner Siedlung reparieren soll.

Etwas verärgert darüber macht er sich dann auf den Weg, doch allzu weit kommt er nicht. Auf einem kleinen Hügel stolpert er und fällt dann beinahe auf ein kleines Na'vi Mädchen, das, unbemerkt von uns, dort im hohen Gras herum schlich. Nìm'wey und ich sind sofort zur Stelle und während ich sie bitte, Dallan ein Stück zu begleiten, nehme ich mich der Kleinen an und begrüße sie freundlich.

Sie stellt sich dann vor und sagt, ihr Name sei Ari'lana. Auf meine Frage hin erzählt sie mir, dass ihr sempul (Vater) vor einiger Zeit nicht von einer Jagd zurückgekehrt sei. Zu allem Übel sei dann ihr Clan auch noch von den sawtute (Himmelsmenschen) angegriffen worden, sodass sie zusammen mit ihrer sa'nok (Mutter) flüchten musste, die aber während dieser Flucht getötet wurde.

Trotz der schlimmen Erlebnisse macht sie auf mich jedoch einen sehr aufgeweckten Eindruck Als Nìm'wey dann zu uns zurück kommt, bieten wir der Kleinen Beeren und Früchte an und ich hole noch etwas frischen Nektar aus unserer Höhle, den sie sehr gern zu mögen scheint.

Nìm'wey holt ihr dann noch die letzten Fleischstücke und macht ihr daraus einen großen Fleischspieß, über den Ari'lana mit sichtlichem Vergnügen hastig her fällt. Als ich sie dabei so beobachte, muss ich daran denken, dass es so wohl auch einmal werden könnte, wenn mein Kind in ihrem Alter ist. Ein schöner Gedanke...

Ari'lana ist verwundert, dass wir einen tawtute (Himmelsmenschen) bis in unser Lager hinein lassen und wir klären sie darüber auf, dass er, Dallan, die einzige Ausnahme darstellt und dass sie sich vor ihm nicht zu fürchten braucht. Klar, sie ist verunsichert. Ihre schlechten Erfahrungen passen nicht mit dem zusammen, was sie vorhin erlebt hat. Sie ist vielleicht noch etwas zu jung, um das alles verstehen zu können. Ich selber verstehe ja manches immer noch nicht.

Nìm'wey scheint dann müde zu werden, denn sie verabschiedet sich von uns. Ich freue mich schon sehr darauf, ihr morgen dabei zu helfen, ihre Haare anders zu gestalten. Ihre Idee gefällt mir sehr. Wie schon beim letzten Mal, werden wir uns auch morgen wieder die zeremonielle Bemalung gegenseitig anlegen. Dabei kommt mir die Idee, dass uns  Ari'lana ja dabei behilflich sein könnte. Kinder, so weiß ich, hantieren gern mit bunten Farben herum. ich werde sie morgen einfach fragen, ob sie Lust dazu hat. Jedenfalls ist sie sehr aufgeregt, als ich ihr von dem bevorstehenden fest erzähle.


Da es nun mittlerweile sehr spät geworden ist, die Nacht ist schon lange über uns herein gebrochen, beschließen wir beiden dann nach oben zu gehen. Dabei zeige ich Ari'lana dann noch unsere Höhle. Besonders von dem unteren Bereich scheint sie sehr angetan zu sein. Klar, Wasser ist ja auch etwas sehr schönes und hier kann sie sich so richtig austoben und wir müssen keine Angst haben, dass ihr etwas passieren könnte.

Auch der obere Bereich scheint ihr zu gefallen, denn sie legt sich gleich in einen Cocon und ist bereits nach wenigen Augenblicken fest eingeschlafen. Auch ich lege mich in einen Cocon und beobachte sie noch eine Weile. Irgendwie ist es ein zwar bisher ungewohnter, aber sehr schöner Anblick. Bald, so stelle ich es mir gerade vor, werden hier einige kleine Gestalten in ihren Cocons liegen...


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