Montag, 10. Juni 2013

Ayoe ftxozä si / Wir feiern

Dallan hapxìtu lu Rey'engyayä set.
(Dallan ist jetzt ein Mitglied der Rey'engya.)

Aufgeweckt von einigem Trubel vor unserer Hütte, wache ich auf und erschrecke. Hab ich wirklich so lange geschlafen?  Mit etwas verklärtem Blick gehe ich nach unten und renne geradewegs in eine große Gruppe zum Teil sehr aufwändig gekleideter und bemalter Na'vi. Im selben Moment schießt es mir wie ein Pfeil durch den Kopf: Heute ist ja das Fest! Nervös begrüße ich alle und mache mich hastig daran, wenigstens noch schnell die Bemalung anzulegen. Nach einiger Zeit ist es dann geschafft, aber ich hoffe, dass sich niemand mein Kunstwerk aus der Nähe ansieht...

Ein kleines Mädchen stellt sich mir dann recht höflich vor. Ari'lana heißt sie. Aber im ersten Moment bin ich etwas überfordert. Ein Kind?  Wo kommt sie her?  Wo sind ihre Eltern?  Was will sie bei uns?  Fragen über Fragen schießen mir durch den Kopf. Um nicht unhöflich zu wirken, beuge ich mich zu ihr herunter und stelle mich ihr freundlich vor. Sie macht einen recht aufgeweckten Eindruck und ich denke, Kxìrya, Kee und die anderen Frauen werden mit ihrer Anwesenheit mehr anzufangen wissen, wie ich im Augenblick.

Kee und Sey rufen uns dann auf, dass wir uns am Feuer versammeln sollen. Mein Blick fällt gleich auf die vielen, großen Yerikstücke (Yerik = hirschähnliches Tier), die über dem Feuer braten. Im selben Moment verspüre ich Hunger, der jedoch noch nicht sobald gestillt werden wird, wie ich schon sehr bald feststellen werde...

Als alle sitzen und es etwas ruhiger wird, steht Kee'lanee auf und hält zunächst eine Rede, in der sie sich bei Eywa dafür bedankt, dass sie uns im Kampf gegen das Drachenschiff der sawtute (Himmelamenschen) unterstützt hat. Dann stimmt sie ein Lied an und fordert uns auf, mit zu singen. Singen...? Ich...?  Eigentlich sind meine Gesangskünste eher dazu zu gebrauchen, eine ganze Palulukanherde  (Thanatoren) zu vertreiben. Doch ich versuche es, summe aber zunächst nur leise mit.

Nach einer Weile geht es etwas besser. Der ganze Clan und sogar das neu hinzugekommene, kleine Mädchen singen wie aus einer Kehle Kees Lied mit. Am Ende brüllt Kee aus voller Lunge: "'ivong Rey'engyaaaaaa!" ("Mögen die Rey'engya erblühen!") und alle tun es ihr gleich.

Das Fleisch auf dem Feuer ist zwar immer noch nicht ganz fertig, aber meinen Hunger stört dies nur wenig. Immer wieder schiele ich, bisweilen vielleicht etwas gierig, auf das Fleisch. Ich glaube, Sey hat meine geheimen Gelüste durchschaut. Sein Blick verrät es mir. Aber er möchte auch noch etwas sagen, verlässt unsere Runde aber kurz, um, wie er meint, etwas vorzubereiten.

Als er zurück kommt, trägt er eine recht sonderbare Maske auf seinem Kopf. Es scheint der Schädel eines Tieres zu sein, nur habe ich solch merkwürdig gebogene und spitze Hörner, die seitlich in der Höhe seiner Ohren abstehen und sich nach vorne kringeln, noch nie zuvor gesehen. Vielleicht werde ich ihn darauf einmal ansprechen. Ich muss zugeben, es steht ihm recht gut.

Er bedankt sich dann auch noch einmal bei allen und lobt den ganzen Clan und dessen Zusammenarbeit. Dann bittet er uns an ein großes Feuer, das er etwas außerhalb des Lagers angezündet hat. Ich würde jetzt gerne etwas essen, doch daran ist leider noch nicht zu denken. Dort versammelt, fordert Sey uns zu einem gemeinsamen Tanz auf. Na ja, Tanzen ist immerhin leichter als Singen und irgendwie macht es mir auch Spaß. Auch wenn ich gerade jemand ganz besonders vermisse... Jemand, der sich beim Tanzen bewegt, wie es sonst niemand tut...
Der Tanz wird ein wenig wilder und Sey ist sehr vertieft und ergriffen von der Stimmung und dem Rauch des Feuers. Dann ruft er plötzlich Dallan, den tawtute (Himmelsmenschen) zu sich. Sey hält noch einmal, diesmal aber direkt an Dallan gewandt,  eine kurze Rede, in der er ihn zum tsamsiyu Rey'engyayä (Krieger der Rey'engya) ernennt. Damit gehört Dallan offiziell zu unserem Clan. Hoffentlich, so schießt es mir durch den Kopf, suchen die sawtute (Himmelsmenschen) nach ihrer Niederlage nicht weiter nach ihm. Wenn sie mit mehreren Drachenschiffen kommen würden, sähe es sehr schlecht für uns aus...

Ein alter Bekannter taucht dann, wenn auch etwas verspätet, noch bei uns auf. Es ist Aketuan. Ein wenig wundert mich, dass er weder mit uns tanzt und Spaß hat, sondern dass er sich nur ein Stuck abgelegen von uns auf den Boden setzt. Man könnte fast denken, wir wollten ihn nicht dabei haben. Doch Kee, Kxìrya und die anderen rufen ihn mehrfach und fordern ihn auf, doch zu uns rüber zu kommen.

Das Tanzen macht mir inzwischen richtig Spaß und ich bewundere ein wenig Kxìryas Federschmuck, den sie sich eigens für dieses Fest selber gemacht hatte. Die Federn strahlen richtig im Feuerschein. Ob ich sie einmal bitten soll, mir behilflich zu sein?  Immerhin ist bald mein Iknimaya (Prüfung für Jaäger und Krieger) und sollte ich dieses überleben, wäre sie bestimmt die richtige, die mir bei der Herstellung eines neuen Kleidungsstückes hilft.

Mit einem mal werde ich müde und obwohl ich immer noch großen Hunger habe, beschließe ich zur Höhle zu gehen und mich hinzulegen. Sey, Dallan und Kxìrya tanzen noch, Aketuan hockt daneben und ich verabschiede mich von den Vieren. Auf dem Weg zur Höhle komme ich dann an unserem Clanfeuer vorbei, auf dem immer noch einige Fleischstücke braten. Nun passiert´s. Ich schnappe mir zwei große Stücke und schlinge sie förmlich in mich hinein. Wer auch immer dieses Fleisch gemacht hat, hat es sehr deftig zubereitet.

Als ich mich dann schlafen lege, denke ich noch kurz daran, dass ich meine karyu (Lehrerin) eigentlich heute sehr vermisst habe. Irgendwann wird sie schon widerkommen, wünsche ich mir...

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