Freitag, 24. Mai 2013

Ayupxare afe' / Schlechte Nachrichten

Nìngay 'ayeko sawtutel ayoeti? Txopu oer lu!
(Werden die Himmelsmenschen uns wirklich angreifen? Ich habe Angst!)

Wina und ich werden, wir sind immer noch miteinander verbunden, heute gemeinsam unter den Stimmenbäumen wach. Es ist einfach nur toll, wenn er mich in seine Arme schließt, mich mit einem sehr tiefen, brummenden aber auch leisen: "Rewon lefpom ma oeyä muntxate ayawne." ("Guten Morgen, meine geliebte Ehefrau.") begrüßt. Auf meinem Rücken prickelt es ein wenig von oben nach unten, was ich ihm gegenüber auch gar nicht versuche zu verheimlichen. Er lächelt mich nur an wohl wissend, dass er mich mit seiner tiefen Stimme immer wieder aufs Neue fasziniert. Ich liebe ihn einfach nur und danke Eywa, dass es ihn gibt...

Doch heute werden Winataron und ich getrennte Wege gehen, denn er hat etwas vor, wie er mir erklärt und er bittet mich, dies alleine machen zu dürfen. Ob er mich mit etwas überraschen will?  Ob er etwas besonderes für den Clan, Sey, die Tsahìk (spirituelle Clanführerin) oder jemand anderen vorbereitet?  Will er uns vielleicht mit einem frischen Yerik (hirschähnliches Tier), das er jagen wird, überraschen?  Fragen, die mir in diesem Moment leider unbeantwortet bleiben, aber deren Antworten ich sicherlich schon bald erfahren werde. Auch wenn ich ihn über unsere Verbindung aushorchen könnte, so mache ich dies schon alleine aus Respekt vor ihm nicht. Auch er würde so etwas niemals tun.

Wir verabschieden uns voneinander, was heute ein wenig länger dauert als sonst, denn Wina streichelt mir besonders lange, so als würde er nach etwas tasten, über meinen Bauch und lächelt mich dabei voller Stolz an. Es bedarf keiner Worte. Wir umarmen uns dann fest und nach einem langen und liebevollen Kuss geht er in Richtung des großen Ozeans davon, dessen Rauschen man hier manchmal bereits hören kann, wenn der Wind günstig steht. Heute jedoch ist es fast windstill. Einige Momente folge ich ihm noch in Gedanken, dann gehe ich zum Lager zurück, denn Dallan wollte mir heute etwas mehr über dieses Drachenschiff erzählen, von dem er mir bereits berichtete.

Dort angekommen, warte ich eine ganze Weile, aber Dallan taucht nicht auf. Ich gehe sogar zum Baum der Seelen und schaue dort nach ihm. Aber dort wird Dallan nicht sein, denn diesen heiligen Ort respektiert er ebenso wie wir und bis auf das eine Mal, als ich und Winataron uns miteinander verbanden und Tac'ìri (befreundete Clanführerin) die Zeremonie leitete, war er bis heute noch nicht einmal in der Nähe dieses Ortes. Also gehe ich zu den fa'li (Schreckendpferden), verbinde mich mit einem von ihnen und reite los.

Etwas in Sorge bin ich schon, denn auch wenn Dallan immer ein tawtute (Himmelsmensch) bleiben wird, so hat er es sich doch verdient, dass man nach ihm sucht. Schließlich ist hier nun seine neue Heimat geworden und wir, die Rey'engya, so etwas ähnliches wie seine Familie. Als ich einen kleinen Hügel hinauf reite, gibt es dann plötzlich einen lauten Knall und nur haarscharf schießt etwas laut summendes an meinem Kopf vorbei. Sofort springe ich von dem pa'li (Schreckenspferd) herunter, ziehe dabei gleichzeitig meinen Bogen und lege einen Pfeil an dessen Sehne. Doch dann erkenne ich Dallan, der in einer Art Steinhütte liegt, und dem es gar nicht gut zu gehen scheint. Auf seiner Brust liegt seine Waffe, die metallene Pfeile verschießen kann und er hat offenbar Schwierigkeiten mit dem Atmen. Aber warum hat er auf mich geschossen?

Doch ich bekomme noch keine Gelegenheit, nach ihm zu sehen, denn ich nehme Geräusche hinter mir wahr und drehe mich um. Die Menschenfrau, die sich Tessy nennt, steht hinter mir und wir begrüßen uns knapp, aber freundlich. Tessy stellt Dallan dann die selbe Frage, woraufhin er schwer atmend entgegnet, dass dies keine Absicht war und dass er selber sich auch ein wenig an seiner Waffe verletzt hätte.

Etwas spöttisch aber nicht völlig ernst kontere ich: "Selbst Schuld, ma Txällän!", woraufhin Tessy und ich ihn etwas angrinsen. Dann erzählt Dallan von diesem Drachenschiff, das wohl offensichtlich auf dem Weg in unser Tal ist. Tessy schaltet an ihren Sprechgeräten herum und wir hören dann, zwar sehr leise, aber dennoch verständlich, die Stimme irgendeines tawtute (Himmelsmenschen), der dies bestätigt.

Ich folge zwar dem Gespräch zwischen Tessy und Dallan, beteilige mich aber nicht wirklich daran, da mir zu viele Dinge einfach unbekannt sind. Alleine die Namen ihrer Waffen und Fluggeräte sind mir einfach noch lange nicht alle geläufig. Aber ich bemerke, dass das Gespräch zwischen den beiden dann etwas aggressiver wird und, damit sich das ganze nicht zu einem sinnlosen Streit entwickelt, ermahne ich beide freundlich und ruhig, es doch zu lassen. Unser Feind ist nicht Dallan oder Tessy, sondern ein ganz anderer...

Die Forscherin verabschiedet sich dann sehr bald, weil sie einige Dinge vorbereiten will und so beginnt Dallan einen Plan auszuarbeiten, der allerdings mehr als nur Eywas Beistand und enorm viel Glück erfordert. Wenn alles funktionieren soll, dann reicht es nicht aus, das ich mit Ya'rrì (Kxìryas Ikran) zu den Iknimayafelsen (schwebende Felsen) hinauf fliege... Wir, die Rey'engya, werden wohl alle mithelfen müssen, um diese Schlacht, sollte es denn eine geben, zu unseren Gunsten zu entscheiden. Möge Eywa uns dabei helfen...

Mittlerweile ist es tiefe Nacht und so langsam glaube ich herausgefunden zu haben, warum es mir manchmal schwindelig wird. Mir ist, als wolle mir mein Kind damit sagen: "Ma sa'nu, ich bin müde." oder etwas ähnliches. So wird es mir auch jetzt gerade wieder etwas schwindelig. Daher verabschiede ich mich von Dallan und gehe zu den anderen in unsere Höhle.

Kee und Sey liegen tief schlafend in ihrem Cocon und die kleine Tsìlpey liegt gut beschützt zwischen ihnen. Ich muss zufrieden lächeln, da es bei Wina, mir und unserem Nachwuchs wohl bald schon ähnlich aussehen dürfte. Mein yawntu (Liebster) liegt in unserem Cocon und nur ein Stück weiter liegt der noch wache Txuratxan. Er lächelt mir kurz zu und wünscht mir mit einer Geste eine gute Nacht. Ich erwidere seine Geste und lege mich zu Winataron, der ebenfalls fest schläft und nur ein mal leise schnurrt, als er spürt, dass ich mich zu ihm lege.

Nur Ma'weys Cocon ist leer, fällt mir auf. Sie ist eben mehr eine Einzelgängerin, denke ich bei mir und für Txu tut es mir ein wenig Leid, dass sie so oft alleine unterwegs ist. Ich glaube, sein Herz schlägt sehr stark für sie...

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