Montag, 27. Mai 2013

Tsmuke amip / Eine neue Schwester

Mipa tsmuke alu Nìm'wey pate ne tsong ayoeyä. Po new livu Rey'engyayä hapxì.
(Eine neue Schwester namens Nìm'wey kommt in unser Tal. Sie möchte Teil der Rey'engya werden.)


Alles ist schon auf den Beinen, als ich erwache und so schließe ich mich nach nur einem knappen, aber sehr erfrischenden Frühstück den anderen an. Die Vorbereitungen, damit die saronyu (Jäger) und samsìyu (Krieger)  gegen die sawtute (Himmelsmenschen) in den Kampf ziehen können, laufen auf vollen Touren. Hier werden Waffen kontrolliert und, falls nötig, repariert, dort werden Farben für die Kriegsbemalung aus Pflanzenextrakten gekocht und gemischt und da werden Heilmittel und Verbände bereit gelegt, die im Falle eines Falles benötigt werden. Der ganze Clan ist beschäftigt und jeder hilft den Anderen, sobald er etwas freie Zeit hat. Die Arbeit geht nahezu Hand in Hand.

Wie ich es Txu versprochen hatte, gehe ich als erstes gleich zu ihm: "Ma Txu, können wir los? Wir wollten doch Pflanzen suchen." sage ich zu ihm, wobei ich dann an seiner Mimik nur zu deutlich sehe, dass ich ihn gar nicht hätte erinnern müssen. Er geht gleich los und holt sich einen großen Korb, den er auf seiner Schulter trägt. Nur kurz in die geschäftige Runde hinein fragend, ob jemand etwas besonderes braucht oder ob jemand einen besonderen Wunsch hat, ziehen wir dann los.

Unterwegs zähle ich dann all die Pflanzen auf, die ich unbedingt sammeln muss. Um Txuratxan etwas zu testen, zähle ich auch ein paar Namen auf, die entweder keine Pflanze sind oder die mit Heilpflanzen etwa so viel zu tun haben, wie ein Ikran (Banshee) mit Schneeflocken. Aber es gelingt mir nicht, Txu zu überlisten. Stattdessen lacht er mich immer nur fröhlich und wissend an, wenn ich ihm wieder einen falschen Namen ins Ohr legen will.

Nach einer Weile, wir haben schon eine Menge an Nachschub eingesammelt, bleibt er plötzlich unvermittelt stehen und hält mich an einer Schulter sachte zurück: "Ma Kxìrya," sagt er mit einer sanften Stimme: ", ich finde es schön, dass Du mich prüfst und es hilft mir auch sehr. Aber vergiss bitte nicht, dass ich kein zeykoyu (Heiler), sondern ein taronyu (Jäger) werde.

Mich etwas von ihm ertappt fühlend, schaue ich ihn an und entschuldige mich bei ihm: "Tut mir Leid, ma Txu. Vergibst Du mir?"  Er winkt nur ab: "Ach was. Du bist eben auch eine Heilerin und Dir liegt es einfach im Blut. Außerdem weiß ich, Du willst nichts Böses damit."  Er schaut mich dann einige Momente stumm lächelnd an, ehe wir uns dann auf den Heimweg machen.Gemeinsam bringen wir dann die Pflanzen ins Lager und auch dort hilft er mir bei der Vorbereitung. 

Ein leichter Schwindelausbruch sagt mir, dass es Zeit ist, etwas zu essen und eine Pause zu machen und so setze ich mich ans nahe Flussufer und gönne mir ein wenig Ruhe. Dabei fällt mir ein, dass ich doch noch etwas vergessen hatte und beschließe dann, noch einmal in den Wald zu gehen. Nachdem ich die dünnen Lianen, nach denen ich suchte, gefunden habe, bemerke ich dann plötzlich, dass ich nicht mehr alleine zu sein scheine. Eine fremde Witterung dringt mir in die Nase und ich schaue mich vorsichtig um.

Hinter einem dickeren Baum tritt plötzlich ruhig eine Gestalt hervor und ich erkenne eine junge Na'vi. Auf den ersten Blick kommt sie mir irgendwie bekannt vor, als hätte ich sie schon einmal irgendwo getroffen, aber dem ist nicht so. Ich spreche sie also an und begrüße sie freundlich. Sie erwidert ebenso freundlich meinen Gruß, wird dann aber etwas nervös und faucht Dallan an, der gerade in diesem Moment zu uns kommt.

In einer ersten Reaktion stelle ich mich zwischen die Beiden, begrüße Dallan knapp und erkläre der Fremden, die sich Nìm'wey nennt, dass sie ihn nicht zu fürchten braucht und dass er nicht gekommen ist, um uns etwas anzutun. Trotzdem ist sie sichtlich nervös und auch etwas aufgebracht über sein plötzliches Erscheinen. Ich lade die beiden dann ein, mit mir ins Lager zurück zu gehen, halte mich aber etwas näher an Nìm'wey, da ich das Gefühl habe, dass sie ein wenig verängstigt ist.

Das Lager ist leer, als wir dort ankommen. Kee, Sey und die Anderen sind bestimmt inzwischen fertig mit ihren Vorbereitungen oder sie erkunden noch etwas. Um Nìm'wey ihre Angst ein wenig zu nehmen, stelle ich ihr Dallan dann etwas näher vor, beschließe aber dann doch, einige Momente alleine mit ihr zu verbringen. So zeige ich ihr unseren Wasserfall und gehe dann mit ihr zum Baum der Seelen, wo wir ganz ungestört sind. An diesen Ort, so weiß ich, geht aus Respekt nicht einmal Dallan.

Nìm'wey ist sichtlich erleichtert, als wir unter den Tentakeln stehen und ich biete ihr an, dass sie sich gerne mit ihm verbinden kann, wann immer sie mag. Dann biete ich ihr an, etwas zu essen und wir gehen gemeinsam zu Dallan an unser Feuer zurück. Nìm'wey scheint großen Hunger zu haben und das ist auch gut so. Soll sie essen, ich gönne es ihr von Herzen.

Doch mich interessiert, woher sie kommt und wie ihre Reise war und so stelle ich ihr einige Fragen. Ein leichter Windhauch weht Nìm'weys lange Haare ein wenig in ihr Gesicht und als sie die Strähnen aus ihrem Gesicht wischt, bemerke ich, dass sie offenbar eine Verletzung an ihrem linken Auge hat. Sie antwortet mir auf meine Frage hin, dabei klingt ihre Stimme etwas scharf und sie schaut etwas grimmig zu Dallan herüber, dass sie seit einem Angriff der sawtute (Himmelsmenschen) auf diesem Auge blind ist. 

Ich bin für einen Moment fassungslos, nähere mich ihr dann langsam und streiche ihr dann vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht, um mir ihr Auge etwas näher anzusehen. Dabei fällt mir ihr überaus hübsches Gesicht auf. Einen Moment habe ich einen Stein im Herzen und das Gefühl, sie merkt mir dies auch deutlich an.

Nìm'wey berichtet mir dann, dass sie bei den Maguyuk (befreundeter Clan) aufgewachsen ist und dass sie Tac'Ìri und Korlan daher gut kennt. Als ich ihr dann sehr erfreut berichte, dass Tac'ìri es war, die Winatarons und meine Verbindungszeremonie hier am Baum der Seelen abgehalten haben, kann Nìm'wey es zunächst nicht glauben. Wir erzählen uns gegenseitig lange von unseren Erlebnissen und ich habe das Gefühl, dass wir nicht nur ein neues Mitglied in unserem Clan haben, sondern auch, dass wir beide vielleicht einmal gute Freundinnen werden können.

Als ich ihr dann unsere Höhle zeige, ist Nìm'wey von den Wasserfällen im unteren Bereich fasziniert. Wir gehen dann gemeinsam nach oben und ich richte schnell ein Lager für sie her. Natürlich wird sie in den nächsten Tagen einen eigenen Cocon bekommen, sollte sie sich dazu entschließen, länger oder vielleicht sogar für immer bei uns bleiben zu wollen. Zuerst einmal soll sie aber Kee'lanee und Sey kennen lernen, obgleich ich mir sicher bin, dass die beiden sie mit offenen Armen empfangen werden...

1 Kommentar :

Unknown hat gesagt…

Kaltxi, ihr Lieben,

wieder einmal eine sehr schöne Geschichte ...

Freut mich sehr, dass Ihr Zuwachs
im Clan bekommen habt!

Alimatan Taronyu Aketuan

:-)