Freitag, 24. Mai 2013

Tsmìmä tìfwew / Spurensuche

Nume nì'awtu oe...  fwew nì'awtu... oe lu nì'awtu... Tsalsungay 'efu oe nìtram.
(Ich lerne alleine... ich suche alleine... ich bin alleine... Trotzdem ich bin glücklich.)

Seit unser Clan wieder vollständig ist, komme ich auch wieder öfters zum Lager zurück. Was soll ich auch ganz alleine am Feuer? Sicher, ich kümmere mich darum, dass es nicht verlöscht, denn das Feuer eines Clans steht auch als Symbol für ihn und ein erloschenes Feuer... Sowas darf bei den Rey'engya niemals passieren und ich weiß, das wird es auch nicht so bald. Alleine schon deshalb komme ich regelmäßig von meinen Erkundungen zurück, um dies sicher zu stellen...

Die letzte Nacht in unserer Höhle hat mir wieder einmal sehr gut getan und ich bin sehr ausgeschlafen, munter und tatendurstig. Nach einer knappen Mahlzeit verlasse ich das Lager dann wieder, um nach neuen Fährten Ausschau zu halten. Kxìrya, Sey, Winataron und Kee'lanee scheinen schon wieder unterwegs zu sein. Aber das macht mir nichts. Meine Lehrerin, Ma'wey, vermisse ich hingegen etws mehr...

Ich gehe dann, mit Bogen, Pfeilen und meinem Messer ausgerüstet, in Richtung des Waldes, um nach Spuren von Nantangs zu suchen. Ich muss mir sie und ihren typischen Geruch einfach besser einprägen, wie mir das letzte Gespräch mit Sey und Kxìrya mehr als deutlich gezeigt hat. Zwar ist nichts schlimmes passiert, ich empfinde aber dennoch meine Leistung als nicht sehr gut. Sey hat mir jedoch zugesichert, dass wir beide sehr bald gemeinsam losziehen werden. Er ist wirklich wie ein sempul (Vater) und ich weiß, dass Eywa mich nicht zur zum Vergnügen auf ihn hat treffen lassen...

Als ich dann einen hohen Baum erklimme, um eine bessere Übersicht über unser Tal zu bekommen, erblicke ich auf einem etwas entfernten Hügel drei Gestalten, von denen ich auf den ersten Blick nur eine zweifelsfrei erkenne: Kxìrya. Ihre langen Haare, ihre schlanke und sehr hoch gewachsene Figur und überhaupt ihre Körperhaltung sind einzigartig. Dann erkenne ich, als ich genauer hin schaue, eine zweite, mir bekannte Person. Es ist Dallan, der tawtute (Himmelsmensch). Die dritte Gestalt erkenne ich nicht. Ich sehe nur, dass es sich um eine Menschenfrau handeln müsste, da sie ebenfalls lange Haare und, wie Kxìrya, eine weibliche Figur hat. Da ihre Größe der von Dallan ähnelt, vermute ich, dass sie eine von ihnen ist.

Wie kann ich mich Kxìrya gegenüber bemerkbar machen, frage ich mich, ohne die mesawtute (beiden Menschen) auf mich aufmerksam zu machen?  Mir kommt die Idee, den Ruf eines syaksyuk (Affen) nachzuahmen, den ich in letzter Zeit, dank unseres neuen, kleinen Freundes ausgiebig trainieren konnte. Eine offenbar heimliche Geste Kxìryas signalisiert mir dann, dass sie mich einerseits wahrgenommen und dass andererseits alles in Ordnung ist.

So gehe ich nach einer Weile dann weiter in den Wald und komme später in das Tal der Stimmenbäume, wo ich eine Pause mache und mich einfach nur am Boden sitzend etwas ausruhe. Doch der Gedanke daran, dass Kxìrya mit Dallan und der Menschenfrau alleine ist, lässt mir keine Ruhe. Klar, sie ist erfahren, kennt Dallan und weiß sich immer zu helfen, aber sie bekommt auch bald ein Kind...

Kurzum gehe ich zu dem Hügel, überquere zuvor schwimmend den Fluss und schleiche mich dann ganz besonders vorsichtig an die Gruppe heran, denn ich kenne Kxìryas überaus scharfe Sinne und wenn sie mich nicht bemerkt, dann bemerkt mich auch kein sawtute (Himmelsmensch). Eine kleine Prüfung, die ich mir spontan selber stelle. Aber dummerweise steht Kxìrya, als ich lautlos um den Hügel herum geschlichen komme, so, dass sie mir direkt in die Augen sieht. Aber ihr lobender Blick verrät mir, dass ich wohl nichts falsch gemacht habe.

Die beiden Menschen bemerken mich erst, als Kxìrya mich grüßt. Zu meiner Verwunderung ist auch die fremde Menschenfrau recht freundlich zu mir. Also begrüße ich sie, wie auch Dallan, freundlich. Kxìrya entgegnet auf meine Frage, ob etwas nicht in Ordnung sei, dass wir wohl sehr bald einen Angriff der sawtute zu erwarten hätten. Sofort beruhigt sie mich aber auch wieder, indem sie mir erklärt, was Dallan und Tessy, wie die Menschenfrau sich nennt, ihr erzählten.

Sie schickt mich dann zur Höhle zurück, damit ich diese Neuigkeiten an die anderen des Clans weiter geben kann. Irgendwie bin ich froh, dass Kxìrya mich aus dieser etwas beklemmenden Situation befreit hat, denn die Menschen... Außer zu Dallan, werde ich wohl zu keinem von ihnen jemals ein festes Vertrauen aufbauen können. Zu viel Leid haben sie uns und unseren Völkern immer wieder angetan und selbst zu Dallan ist mein Vertrauen noch immer eher zurückhaltend und das, obgleich er uns, solange ich ihn kenne, eigentlich nur geholfen und uns unterstützt hat.

Sollten wir wirklich angegriffen werden, wie diese Tessy es uns berichtet hat, dann werde ich, 'eveng (Kind, Jugendlicher, hier Auszubildender) hin oder her, meinen Clan, meine Familie unterstützen so gut ich es kann...

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