Samstag, 25. Mai 2013

Tìhawl - Ayoe wayem / Der Plan - Wir werden kämpfen

Atxkxerì ayoeyä zayong tsar ayoe sawtutewä!
(Wir werden unser Land gegen die Himmelsmenschen verteidigen!)

Fast zur selben Zeit treffen Kee, die ihre Tochter auf dem Arm trägt, und ich an unserer Feuerstelle zusammen. Es war eine ruhige Nacht, ich bin sehr ausgeruht und beantworte Kees diesbezügliche Frage dementsprechend. Mit dabei habe ich ein kleines pa'li (Schreckenspferd), das ich schon vor längerer Zeit aus Holz geschnitzt hatte. Eigentlich sollte Kee es zu Tsìlpeys Geburt bekommen, aber ich hatte es einfach nicht rechtzeitig fertig bekommen. Tsìlpey begrüßt mich ebenfalls und so muss ich ihr für einige Augenblicke meine volle Aufmerksamkeit schenken. Sie kommt auf mich zu getappselt, winkt mit beiden Armen und ruft glucksend: "ìryaa... ìryaa..."  Ich begrüße unsere kleine tsamsiìyu (Kriegerin) lieb und arbeite dann kurz an dem Spielzeug weiter.

Während ich etwas daran herum schnitze und immer wieder sorgsam fühle, ob sich Splitter oder andere Dinge daran befinden, an denen man sich verletzen könnte, unterhalte ich mich mit Kee. Nach einiger Zeit ist das Spielzeug dann endlich fertig und ich stelle es vor Tsìlpey auf dem Fell ab. Solche funkelnden Augen habe ich schon lange nicht mehr gesehen, wie die, die mich in diesem Moment anschauen. Auch Kee scheint ein wenig überrascht zu sein und lässt mich gewähren, als ich das pa'litsyìp (Schreckenspferdchen) über das Fell traben lasse und dazu einige Geräusche mache. "Da kommt ein grooooooßes pa'li...", sage ich mit gespielt ernster und tiefer Stimme zu der Kleinen, "... und es kommt direkt auf Tsìlpey zu!"  Tsìlpey zeigt überhaupt keine Furcht und lacht stattdessen, während ihre kleinen Hände nach dem Tier zu greifen versuchen. Eine Weile lang spielen wir dann und plötzlich ist mir, als wäre Tsìlpey nicht Kees sondern mein eigenes Kind. Ein merkwürdiges Gefühl...

Einige Zeit später kommen Sey und Txu dann zu uns. Nach der Begrüßung jedoch gerät das Spiel mit Tsìlpey urplötzlich in den Hintergrund, denn Kee berichtet, dass sie eine Art Vision gehabt hätte. Sie erzählt davon und schließlich erzähle ich ihr dann von dem bevorstehenden Angriff der sawtute (Himmelsmenschen), von dem Dallan und Tessy berichtet haben.

Auch Txu beteiligt sich an dem Gespräch, ist aber etwas zurückhaltend und lässt mich erzählen. Jedoch ist ihm eine gewisse Wut darüber deutlich anzumerken. Sey und Kee hören sehr aufmerksam zu und unterbrechen uns nur selten mit Zwischenfragen. Dann steht Sey entschlossen auf. Auch er ist einerseits nachdenklich, andererseits aber auch aufgebracht über unsere Schilderung der bevorstehenden Ereignisse.

Er will dann von mir wissen, ob Dallan einen Plan hat, was ich ihm bestätige. So gut ich es kann, erläutere ich Sey unsere überaus waghalsige und auch gefährliche Idee, die sawtute (Himmelsmenschen) und deren Drachenschiff anzugreifen. Sey ist plötzlich, so scheint es mir, der Krieger und Jäger, den ich vor langer Zeit kennen gelernt habe. Tastendurstig, zu allem entschlossen und auch mit einer Spur von Siegessicherheit verkündet er, dass wir, die Rey'engya, niemals kampflos weichen werden, um den ayvrrtep (Dämonen) unser Land kampflos zu überlassen und zuzusehen, wie sie Dallan töten.

Als er und Kee dann entscheiden, dass ich nicht an dem Kampf teilnehmen solle, verfluche ich meine Schwangerschaft. Doch nur einen winzigen Moment lang, denn als Heilerin werde ich ja möglicherweise hier unten im Lager gebraucht. Auch Txu, so entscheiden die beiden, wird entgegen seiner ausdrücklichen Bitte, hier unten im Lager bleiben. Er ist noch ein numeyu (Schüler) und ihm fehlt es noch an Erfahrung im Kampf. Er beteuert zwar, dass er und sein verschollener Bruder Nay schon oftmals gegen die sawtute (Himmelsmenschen) haben kämpfen müssen, räumt jedoch ein, dass sie oftmals auch einfach nur geflohen sind.

Ich nehme mir vor, mit meinem muntxatan (Ehemann) zu reden, um ihn zu bitten, unsere Leute zu unterstützen, auch wenn ich weiß, dass man ihn darum nicht erst lange bitten muss. Damit Txu, der über die Entscheidung des Olo'eyktan (Clanführer) nicht sehr glücklich zu sein scheint, auch in die Sache mit einbezogen wird, biete ich ihm an, mit ihm nach Pflanzen und Wurzeln zu suchen, die wir eventuell benötigen werden. Ich weiß, er würde nur zu gerne sein Können im Kampf unter Beweis stellen, aber ich weiß auch um sein Wissen, was Pflanzen angeht. Viele Dinge kann ich ihn getrost schon alleine suchen lassen. Nicht ganz ohne Hintergedanken übetrage ich ihm die Aufgabe, nach Ma'wey zu suchen und ihr von den geschehnissen der letzten Tage zu berichten. Ich weiß, die beiden mögen sich und Txu ist hin und wieder schon etwas traurig, wenn seine Lehrerin alleine unterwegs ist. Sein Lächeln verrät mir, dass meine Entscheidung richtig war...

Tsìlpey ist eingeschlafen, lässt ihr neues Spielzeug jedoch nicht aus der Hand und Kee brigst sie dann in unsere Höhle. Sie selber verabschiedet sich auch gleich, teilt uns aber vorher noch mit, dass sie zu Eywa sprechen wird, um sie um Rat und auch um ihren Beistand zu bitten, denn unser Plan, wenn man es denn überhaupt einen solchen nennen kann, ist mehr als waghalsig und wir werden nicht nur Eywas Hilfe, sondern auch viel, viel Glück brauchen, um ihn umsetzen zu können.

Txuratxan schließt sich Kee an und geht auch schlafen und so sitzen Sey und ich alleine am Feuer. Das Thema wechselt und wir kommen auf einige Dinge zu sprechen, die wir vor langer Zeit gemeinsam erlebt haben. Doch das Thema kommt schnell wieder auf die aktuellen Geschehnisse zurück, als Dallan dann erscheint. Sey verkündet ihm seine Entscheidung und dann erläutert uns Dallan noch einmal seine Planung.

Dallan wird uns morgen einige seiner Menschenwaffen vorführen, damit wir wissen, auf was wir zu achten haben. Eigentlich will er uns dies sofort zeigen, doch Sey ist mittlerweile auch müde und mir wird es immer wieder kurz schwindelig. Mein Baby scheint wohl auch seine Ruhe haben zu wollen. Sey will, so sagt er, noch kurz zum Baum der Seelen gehen und so geht Dallan in Richtung der Menschensiedlung, während ich nach oben zu den anderen gehe.

Ich liege noch einige Zeit lang wach und als mein Körper etwas zur Ruhe kommt, habe ich für einen winzigen Moment das Gefühl, dass sich in meinem Bauch etwas regt. Aber es war wohl nur Einbildung... Oder war es ein Wunsch?.

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