Sonntag, 5. Mai 2013

Oeri kempe leren? / Was geschieht mit mir?

Krro krro 'efu nìtram oe ulte krro krro oe 'efu keftxo. Slä... pelun?
(Manchmal fühle ich mich glücklich, manchmal fühle ich mich traurig. Aber... warum?)

Irgendetwas geht mit mir vor, aber was?  Ich will es herausfinden, aber wie?  Mein erster Gedanke, als ich gerade erwache, gilt meinem muntxatan (Ehemann) Winataron, dem meine ganze Liebe gehört. Ich bin ein wenig froh darüber, dass ich heute niemanden vor unserer Höhle treffe, so kann ich ganz alleine und ungestört über einige Dinge nachdenken. Nach einem recht spärlichen Frühstück laufe ich bis nahe an den Waldrand, kehre aber dann wieder um. Ich denke, dass der beste Platz zum Nachdenken der Felsen ist, der in unserem Fluss steht und von dem man einen herrlichen Blick auf den großen Wasserfall hat.

Das kurze Stück bis zu dem Felsen ist schnell geschwommen und nachdem ich mir kurz das Wasser aus meinen langen Haaren geschüttelt habe, setze ich mich, den Blick zum Wasserfall gerichtet, auf den Felsen. Mir kommen einige Bilder in den Sinn. Erinnerungen an Geschehnisse und smuktu (Geschwister), die lange zurück liegen, sehr lange.

Plötzlich muss ich lachen, aber im selben Moment fällt mir auf, dass ich eigentlich gar keinen richtigen Grund dazu habe. Meine Gedanken drehen sich gerade eher um Bilder, die mich eigentlich nachdenklich stimmen. Über mir kreisen einige ayfkio (flamigoähnliche Vögel) und ich blicke ihnen einen Moment lang nach. Urplötzlich ist mir einfach nur nach Weinen zumute und ich frage mich, was los ist?

Wie lange mich Dallan, der am Flussufer hockt, als ich ihn schließlich bemerke, schon beobachtet kann ich nicht sagen. Ich habe sein Kommen weder gehört, noch gesehen und auch seine typisch menschliche Fährte nehme ich erst bewusst wahr, als ich ihn jetzt dort sitzen sehe. Das alles ist irgendwie merkwürdig... Sehr merkwürdig...

Ich lasse mich etwas lustlos ins Wasser fallen und schwimme die paar Armzüge bis zum Ufer, klettere aus dem Wasser und begrüße Dallan, dem gleich auffällt, dass mit mir irgendetwas nicht stimmt. Natürlich stellt er mir diesbezügliche Fragen. Doch, obwohl ich sie ihm eigentlich gerne beantworten würde, es fallen mir nicht die richtigen Worte ein, um meinen derzeitigen Zustand zu beschreiben. Irgendwie ist es, als würde ich seit dem Aufwachen immer genau das Gegenteil von dem tun, was eigentlich in mir vorgeht. Als wir uns so unterhalten, überkommen mich immer wieder Momente, wo ich am liebsten laut lachen möchte, um urplötzlich wieder so etwas wie grenzenlose Traurigkeit zu empfinden. 

Weil ich mich hungrig fühle, nehme ich eine Frucht und beiße genussvoll hinein. Aber schon nach dem ersten Bissen fühle ich mich so, als hätte ich tagelang nur gegessen. Ich bin satt und habe ein Gefühl, als würde mein Bauch fast platzen.So lege ich nach einen weiteren, aber sehr kleinen Bissen, die Frucht einfach weg.

Dallan vermutet dann, dass ich vielleicht krank sein könnte und bietet mir an, mich zu untersuchen. Aber ich lehne es ab, denn einmal bin ich selber Heilerin, andererseits mag ich nicht von seinen Maschinen untersucht werden. Wer weiß schon, ob sie noch alle richtig funktionieren, wenn er schon seine Luftmaschinen nicht mehr reparieren kann, wie sollte man da den vielen anderen Maschinen und Geräten vertrauen können?  Außerdem fühle ich mich gesund. Mein Herz schlägt kräftig, aber ruhig, meine Atmung ist auch in Ordnung, mir fehlt es an nichts. Trotzdem kann ich nicht sagen, was gerade in mir vorgeht. 

Wir unterhalten uns eine Weile, er stellt mir Fragen zu meiner Gesundheit und will wissen, was ich so alles fühle. Bis aufeinmal eine für mich völlig neue, bisher noch nie da gewesene Situation entsteht. Eigentlich geschieht etwas völlig belangloses, denn einer der brennenden Äste, die auf dem Feuer liegen, fällt herunter, sodass etwas Gras verschmort. Sehr wütend darüber springe ich auf und werfe das Holzstück fauchend zurück auf das Feuer. Im selben Moment fällt mir meine eigene Reaktion auf und ich frage mich wieder: "Kxìrya, was ist los?  Warum benimmst Du Dich so merkwürdig?"

Dallan überlegt hin und her, ebenso wie auch ich, aber wir kommen zu keinem Schluss. Bis er plötzlich vermutet, ich könne vielleicht schwanger sein. Aber ich winke lachend ab, denn das wüsste ich ja. Trotzdem kommen mir im selben Moment kleine Zweifel. Sollte Eywa mir ein Kind schenken?  Hat die letzte gemeinsame Nacht mit meinem muntxatan (Ehemann) vielleicht doch dazu geführt, dass mein sehnlichster Wunsch nun in Erfüllung geht?

Doch ich verwerfe diesen Gedanken rasch wieder. Sicher, ich würde Wina gerne sagen, dass wir beide sa'sem (Eltern) werden und ich weiß, es würde ihn sehr stolz machen und er wäre bestimmt auch sehr glücklich darüber. Wie ich glaube, denkt er immer noch darüber nach, ob ihn vielleicht das selbe Schicksal getroffen hat, wie seine beiden Brüder, die, wie er mir ja erzählte, keine Kinder bekommen können.

Bevor Dallan zurück zu der Menschensiedlung geht, gibt er mir noch etwas aus einer seiner Taschen. Es ist nur ein kleiner, weißer Gegenstand und er erklärt mir, wie ich das Ding benutzen soll und dass dieses ihm sagen könne, ob ich ein Kind bekommen werde oder nicht. Doch ich weiß noch nicht, ob ich es benutzen werde. Eywa wird den Zeitpunkt bestimmen und ebenso, ob ich überhaupt jemals Kinder bekomme. Ich vertraue der großen Mutter und werde wohl erst einmal abwarten, was weiter mit mir geschieht.
Wie gerne würde ich jetzt mit meinem yawntu (Liebsten) darüber reden, an seiner Seite sein und gemeinsam mit ihm einschlafen. Doch er ist wieder einmal unterwegs, nicht ahnend, was mit mir los ist und wie es mir geht. Aber was würde es ändern, wäre er jetzt hier?  Könnte er mir etwas raten?  Würde er wissen, weshalb ich so gegensätzliche Dinge fühle und tue?  Andererseits wäre es seine Nähe, die mir gerade etwas fehlt, dass er mich einfach nur hält, Vielleicht kommt er in ein paar Tagen zurück, hoffe ich, als ich ein stilles Gebet für ihn zu Eywa schicke.

Dallan verabschiedet sich dann und wirft mir noch einige freundliche Blicke zu, bevor er zur Menschensiedluung zurück geht. Mich in meinen Schweif einrollend, schlafe ich dann, mich ein wenig einsam fühlend, an der Feuerstelle ein und obwohl ich mich gar nicht traurig fühle, beginne ich aus heiterem Himmel zu weinen, bevor mich dann irgendwann der Schlaf übermannt... 

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