Donnerstag, 30. Mai 2013

Mesuteyä ttìpämgkxo / Unterhaltung zweier Frauen

Nìm'wey sì oe ultxa si ylltxepro.
(Nìmwey und ich treffen uns an der Feuerstelle.)

Hunger lässt mich sehr früh erwachen. Mein Magen knurrt etwas und Durst habe ich auch, großen Durst. Dabei fällt mir auf, dass ich in den letzten Tagen überhaupt sehr viel trinke, mehr als für gewöhnlich. Und mir fällt noch etwas auf: Ich trinke Tee lieber als Saft oder Wasser. So gehe ich zur Feuerstelle, mache mir einen Becher Tee und esse einige Beeren, die noch von gestern übrig sind. Es ist ein etwas diesiger Morgen und meine Augen haben Mühe, die Iknimaya Felsen (schwebende Felsen) zu erkennen. Sie liegen in dichten Wolken, die von der Morgensonne in organgefarbenes Licht getaucht werden.

Ich beschließe, ein wenig im Fluss zu schwimmen und setze mich dann auf einen Felsen, von dem aus ich zu unserem großen Wasserfall hinüber sehen kann. Dann erkenne ich, als ich in den Himmel hinauf schaue, einen Ikran (Banshee), der durch die Wolken in unser Tal hinunter geflogen kommt. Zuerst vermute ich Ya'rrì (Kxìryas Ikran), als ich aber eine Gestalt darauf sitzen sehe und genauer hinschaue, glaube ich Nìm'wey, unsere neue Heilerin identifizieren zu können.

Genau sie ist es dann auch, die mit ihrem fliegenden Begleiter nahe unseres Lagers landet und sich dann von ihm verabschiedet. Ich springe ins Wasser, schwimme zu ihr hinüber und wir begrüßen uns. Sie fragt mich sogleich, wie es mit meinen Verletzungen aussieht, aber ich kann sie beruhigen. Schmerzen habe ich keine mehr und langsam, aber sicher, heilen die Wunden wieder.

Nìm'wey ist erfreut über diese Nachricht und lädt mich ein, mich mit ihr ans Feuer zu setzen. An dieser Geste glaube ich erkennen zu können, dass sie sich bei uns schon fast zu Hause zu fühlen scheint. Ich biete ihr dann an, dass ich für uns beide noch Tee koche,  dann sitzen wir gemeinsam am Feuer und unterhalten uns.

Es ist ein typisches Frauengespräch. Nìm'wey zeigt mir ein Kleidungsstück, das sie anlässlich des bevorstehenden Festes, das wir feiern wollen, anfertigt. Ein sehr schönes und feierliches Gewand, wie ich finde. Ich lobe sie für ihre Fingerfertigkeit, die man auch an dieser Arbeit wieder einmal sehr schön sehen kann.

Wir reden über dies und jenes und ist ein völlig ungezwungenes Gespräch zwischen uns. Daher frage ich sie irgendwann, wie es denn bei ihr mit einem Mann aussieht. "Du bist jung, sehr hübsch und eine gute Heilerin.", bemerke ich. Doch offenbar gibt es noch niemanden, für den ihr Herz mehr schlägt, als für andere. Aber Eywa, so weiß ich, wird schon wissen, was sie tut und wenn die große Mutter es für richtig hält, dann wird sie Nìm'wey auch jemanden schicken.

Wie wir so reden, taucht plötzlich der kleine Syaksyuk (Affe) bei uns auf, den Txu entdeckt hatte. Frech sitzt er auf unserem Gestell, an dem wir unsere Felle aufhängen und bearbeiten. Er schaut eine Weile lang zu uns herüber und ich nehme ein paar von den Beeren, die er zu mögen scheint und lege sie direkt vor Nìm'wey und mir auf den Boden. Aber er zögert. Vermutlich hat er Angst vor dem neuen Gesicht.

Dann traut er sich aber doch und springt glucksend auf unsere Trommel. Als es einen dumpfen, leisen Trommelschlag gibt, ist er zunächst etwas verdutzt, fängt aber dann an, auf und ab zu hüpfen, sodass es den Anschein hat, er wolle uns etwas vortrommeln. Es scheint ihm Spaß zu machen. nach einer Weile bemerkt er dann, dass Nìm'wey und auch ich von seinen Beeren essen. Plötzlich ist er dann ganz nahe bei uns beiden und er grabscht Nìm'wey sogar frech eine Beere aus ihren Fingern. Wir müssen beide unweigerlich lachen und, wohl dadurch aufgeschreckt, macht sich der Syaksyuk (Affe) dann in Richtung Wald aus dem Staub.

Ich erkläre Nìm'wey, dass Txu ihn entdeckt hat und dass er uns hin und wieder schon einmal besucht. Es scheint ihr zu gefallen. Dann aber spüre ich wieder diese zaghaften Bewegungen in mir. Es ist ein so tolles Gefühl, zu spüren, wie sich mein Kind bewegt. Nìm'wey bemerkt wohl meine glänzenden Augen und fragt mich dann, ob sie bei der Geburt mit dabei sein könne. Ich erkläre ihr, dass ich Kee'lanee, die Tsahìk (spirituelle Clanführerin) ausgewählt habe, mein Kind auf die Welt zu holen, da sie seit so langer Zeit schon meine beste Freundin ist. Aber ich biete Nìm'wey an, dass sie als Heilerin natürlich gern anwesend sein und auch mithelfen dürfe.

"Ich mag Kinder sehr gerne.", versichert sie mir und ihr aufrichtiger Ausdruck verrät mir, dass sie jedes Wort auch so meint, wie sie es sagt. Aber ich vermute dann mit einem Lächeln: "Also wenn es bald so weit ist, dann wird es hier sehr laut und hektisch werden." Denn wenn mein Kind erst einmal etwas größer ist, dann wird Tsìlpey wohl froh sein, einen Spielkameraden zu haben. Dementsprechend werden nicht nur Kee und ich, sondern auch alle anderen wohl oft mit auf die Kleinen achten müssen. Nìm'wey aber scheint dies überhaupt nicht zu beunruhigen...

Nach und nach werden wir beide etwas müde und, als sie sich am Feuer etwas lang macht, schlage ich ihr einfach vor, dass wir beide heute hier unten schlafen können, wenn sie es mag. So rolle ich mich auf einem Fell zusammen, nachdem ich noch genügend Holz aus das Feuer gelegt habe, und Nìm'wey auf einem anderen. 

Der Himmel ist, obwohl es nun bereits Nacht geworden ist, viel klarer als heute Morgen noch und man kann die Sterne und den großen Planeten deutlich sehen. Ich spreche leise ein kleines Gebet zu Eywa, dass sie unseren Clan und als ich dameit ende, fühge ich ganz leise, nur für mich alleine hinzu: "Wina, ich liebe Dich!"...

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