Donnerstag, 2. Mai 2013

Seyli sì oel ultxarun Nantangit mì na'rìng ulte txpou si oe nìtxan.
(Sey und ich treffen im Wald auf einen Nantang und ich fürchte mich sehr.)

Nachdem ich mich an diesem zwar etwas kühlen, aber ansonsten dennoch sonnigen Morgen an unsere Feuerstelle begebe, bemerke ich, dass die Glut über Nacht fast vollständig ausgebrannt ist. Wir hatten wohl vergessen, bevor wir uns schlafen legten, noch einige Holzscheidte nachzulegen. So stochere ich mit einem Stab in der Asche herum, um vielleicht doch noch ein kleines Stück Glut zu finden, mit der ich das Feuer wieder entfachen kann. Nach einiger Zeit gelingt es mir jedoch, das Feuer wieder in Gang zu setzen, doch meine Freude währt nicht sehr lange.

Ein Geräusch lässt mich aufhorchen und ich schaue mich um unser Lager herum um, kann jedoch zunächst nichts erkennen. Auch wittere ich etwas, aber es ist zu undeutlich, um es sicher identifizieren zu können. Ich einiger Entfernung beobachte ich, wie ein Yerik (hirschähnliches Tier) am Waldrand umher schleicht, aber das war es nicht, was ich vernommen hatte.

Plötzlich höre ich wieder ein Geräusch und fahre im nächsten Moment vor Schreck zusammen, denn ein Nantang (Natterwolf) schleicht ganz dicht vor unserem Lager witternd umher. Ich greife nach meinem Bogen, um für alle Fälle gerüstet zu sein, und beobachte sehr genau, was das Tier macht. Irgendwie kommt es mir so vor, dass er sich merkwürdig benimmt.

So plötzlich er auftauchte, so schnell verschwindet er dann plötzlich in Richtung des Waldes und als Sey mich dann begrüßt, muss ich dies erst einmal realisieren, denn ich hatte ihn gar nicht bemerkt. Wir begrüßen uns und er fragt mich, was ich denn wohl hätte und ob ich wieder einmal einem Palulukan (Thanator) begegnet sei, weil ich so verängstigt schauen würde.

Ich berichte ihm von meiner Entdeckung, woraufhin Sey sich auf den Boden kniet und mir die Spuren des Tieres zeigt, die sehr deutlich im weichen Boden zu erkennen sind. Ein wenig mulmig ist es mir schon, dass sich ein Nantang (Natterwolf) so nahe an unser Lager heran traut, aber ich versuche es mir nicht anmerken zu lassen. Sey und ich beschließen dann, nachdem ich erklärt habe, wohin das Tier geflohen ist, seiner Fährte zu folgen. Sey will offenbar herausfinden ob vielleicht ein ganzes Rudel in unserem Tal lebt.

Nach einigem Überlegen, gehen wir beiden dann, den Spuren folgend, in den Wald hinein. Zunächst können wir nichts finden und so klettere ich auf einen Baum, um mir eine bessere Übersicht zu verschaffe. Sey bewacht den Platz von unten. Aber so genau ich mich auch umschaue, so konzentriert ich auch wittere, ich kann nichts ungewöhnliches entdecken. So klettere ich wieder zurück zu Sey und berichte ihm. Dabei unterhalten wir uns nur mit Gesten, da wir jeden hörbaren Laut vermeiden wollen. Auf einmal deutet Sey auf ein Gebüsch, das nur unweit von uns steht und gibt mir zu verstehen, dass er dort wohl etwas gesehen zu hat. Wir gehen sehr vorsichtig auf dieses Gebüsch zu, immer damit rechnend, dass wir im nächsten Moment angegriffen werden könnten.

Der Angriff erfolgt dann auch so unerwartet plötzlich, dass wir beide Mühe haben, überhaupt zu reagieren. Sey springt hastig einige Schritte zurück, während ich mich zur Seite springend in Sicherheit bringe. Gleichzeitig ziehe ich mein Messer. Ein riesiger und seine Zähne fletschender Nantang (Natterwolf) hat sich vor uns aufgebaut und knurrt uns sehr grimmig an. Zu meiner Verwunderung greift er jedoch nicht einen von uns beiden an. Ob er weiß, dass er in jedem Fall mit seinem Leben bezahlen würde, ganz gleich, wen von uns beiden er angreift?

Ich bin noch im Begriff, mir diese Frage zu stellen, als die Sache anfängt, merkwürdig zu werden. Sey beobachtet, wie ich es aus den Augenwinkeln mitbekomme, das Tier sehr aufmerksam, ich beobachte Sey und den Nantang (Natterwolf) und versuche gleichzeitig, die in mir aufkeimende Angst zu verbergen und der Nantang (Natterwolf) steht knurrend vor uns. Eine unwirkliche Szene...

Doch es wird noch viel mysteriöser, wie die nun kommenden, mir schier endlos erscheinenden Momente zeigen werden. Ich erinnere mich, dass Sey nach seinem Unitaron (Prüfung, um in einen Clan aufgenommen zu werden) immer wieder von einem solchen Tier berichtete, der während Seys Traumjagd zu ihm gesprochen hatte. Sey zieht es seither immer wieder in den Wald und ebenfalls zu diesen Tieren hin und ich habe mich früher oft gefragt, wieso man ihn nicht so richtig ernst genommen hat?  Oft hatte ich den Eindruck, die Anderen hätten ihn vielleicht sogar ein wenig für verrückt gehalten. Dabei ist alles, was er erlebt und von dem er uns immer wieder so lebhaft erzählt hat, genau so passiert, wie er es uns berichtet hat. Auf alle Fälle werde ich jedoch gerade selber Zeugin einer Situation, an die ich niemals auch nur im entferntesten geglaubt hätte. Mein Instinkt und meine Erfahrung lassen mich jedoch sehr wachsam sein und auf alles gefasst. Falls nötig, werde ich Sey beschützen, sollte das Tier ihn plötzlich angreifen.

Ich spüre, wie mein Herz vor Aufregung immer stärker pocht und wie sich auf meiner Stirn feine Schweißperlen bilden. Trotzdem versucht ich nach außen hin meine unglaublich große Angst zu verbergen. Der Nantang (Natterwolf) schnüffelt zunächst in Seys Richtung und Sey macht bei ihm das Selbe. Als das Tier auf Sey zu geht, kniet sich Sey, der bis gerade noch in der Hocke saß, vor ihm auf alle Viere auf den Boden. Die beiden schauen sich gegenseitig an.

Meine Hand umklammert den Griff meines Messers so verkrampft, dass mir die Finger ein wenig schmerzen und ich infolge dessen meinen Griff etwas lockere. Der Wolf und auch Sey knurren, heulen, winseln und hecheln fast gemeinsam, sodass man es fast für eine Art von Zwiegespräch zwischen den beiden halten könnte, was natürlich nicht wirklich der Fall sein kann... Oder etwa doch...?

Gerade will ich den Griff um mein Messer etwas weiter lockern, als das Tier urplötzlich knurrend und fauchend auf Sey zuspringt, nachdem er zunächst ein Stück zurück gewichen war. Sofort ziehe ich mein Messer und mache mich bereit zum Sprung, doch schon einen Augenschlag später entspannt sich die Sia´tuation wieder und ich sehe voller Erstaunen und auch immer noch mit großer Angst, dass doch noch etwas passieren könnte, wie Sey und der Nantang (Natterwolf) sich gegenseitig tief in die Augen schauen. Es ist einfach so unwirklich und ich frage mich, was da gerade passiert?

Mit einem lauten Heulen, dem ein gefährlich klingendes Knurren unterlegt ist, verschwindet das Tier plötzlich im Wald und ich muss mich einige lange Momente erst wieder innerlich beruhigen. Sey starrt einfach nur in das vor ihm liegende Gebüsch, als sei ich gar nicht da. Irgendetwas scheint in ihm vorzugehen. Ich bin dann die Erste, die langsam aufsteht und dabei bemerke ich, dass ich immer noch Angstschweiß auf der Stirn habe und mein Messer sehr fest umklammert halte.

Langsamen Schrittes, ich hatte Sey an der Hand genommen, da er einen etwas verwirrten Eindruck machte, gehen wir dann zum Lager zurück. Sey legt sich gleich auf eines der Felle an unserem Feuer. Er macht einen sehr erschöpften Eindruck und so beschließe ich, ihn nicht mit meinen Fragen zusätzlich zu belasten. Am liebsten würde ich ihm jedoch tausend Fragen stellen, aber ich denke, er wird uns davon erzählen, wenn er dazu bereit ist und es auch will.

Er erklärt mir jedoch, dass er mit Kee'lanee, darüber reden und sie bitten möchte, Eywa zu befragen, was es mit dieser Sache auf sich haben könnte. Ich bemerke nun ebenfalls meine Müdigkeit und lege mich einfach auch an der Feuerstelle zum Schlafen hin.

Bevor ich einschlafe, fallen mir jedoch zwei Dinge auf. Zum Einen hatte ich selten in meinem Leben größere Angst als vorhin Selbst bei dem Überfall des Palulukan (Thanator) damals war ich, obwohl ich auch da große Angst hatte, innerlich um einiges ruhiger und das trotz meiner großen Verletzungen. Zum Anderen empfinde ich es irgendwie so, als würde unsere große Mutter uns, indem sie uns, oder besser Sey, diesen Nantang (Natterwolf) schickt, ein Zeichen geben wollen...


2 Kommentare :

Unknown hat gesagt…

Hi ihr Lieben!

Hab's eben 3x gelesen - ganz großes "Kino" die Geschichte mit dem Nantang! Wie von Kxirya nicht anders erwartet wieder einmal sehr anspruchsvoll und spannend geschrieben - echt toll.

Liebe Grüße an alle,

Alimatan Taronyu
Aketuan te Kllway Ateyan 'itan

Kxìrya te Weytana Nllteya'ite hat gesagt…

Vielen Dank ma Aketuan.
Es freut uns, wenn Dir unsere Geschichten gefallen.

Liebe Grüße,

Kxìrya.