Donnerstag, 18. April 2013

Fraikran 'efu spxin / Alle Ikrane sind krank

Fraikran tawftu zerup taluna for lu säspxin akeftxo nìtxan. Fo tayerkup srak?
(Alle Ikrane fallen vom Himmel , weil sie eine sehr schlimme Krankheit haben. Werden sie alle sterben?)

Würde ich, als ich soeben aufwache, auch nur im Entferntesten ahnen können, welch große und schwere Aufgabe heute auf uns alle zukommt, ich würde alles daran setzen, vorzubereiten, was ich vorbereiten kann, um meine smuktu (Geschwister) so gut es geht zu unterstützen. Doch Eywa hat sich offenbar heute etwas ganz besonderes für uns ausgedacht. Ob es eine Art Prüfung ist? Wer weiß...

So klettere ich zunächst einen Baum hinauf, um nach Sey, Kee und den anderen Ausschau zu halten. Kee kommt dann nach einiger Zeit an unser Feuer und ich winke ihr und begrüße sie von dem Baum hinab rufend. Doch entweder sie hört mich nicht, ihr fehlt irgendetwas oder sie ignoriert mich aus irgendeinem, mir bislang noch unbekannten Grund. Auf mein zweites Rufen reagiert sie dann, indem sie mir zuwinkt. Ihr Gruß wirkt aber irgendwie kraftlos, beinahe bedrückt. So beschließe ich, zu ihr hinunter zu geehen, um mit ihr zu sprechen.

Unten angekommen, begrüßen wir uns dann noch einmal etwas herzlicher, trotzdem merke ich ihr aber an, dass etwas nicht stimmt und frage sie danach. Ein wenig ausweichend antwortet sie mir, dass sie warten möchte, bis Sey mit Tsìlpey zurück kehrt. Ich mache mir ein wenig Sorgen, denn ich befürchte, dass vielleicht mit der Kleinen etwas nicht in Ordnung ist. So warten wir gemainsam auf den Olo'eyktan (Clanführer), der zum Glück nicht lange auf sich warten läßt.

Als er dann mit der Kkleinen, die zu meiner großen Erleichterung wohlauf ist, aus Richtung der Stimmenbäume zu uns kommt, begrüßen wir uns zunächst, warten dann jedoch ab, was Kee'lanee uns zu berichten hat. Es fällt ihr sichtlich schwer einen Anfang zu machen, doch schließlich berichtet sie uns von einer Reise, die sie kürzlich zusammen mit Tsìlpey unternommen hat. Einer Vision, wie sie es nennt, folgend war sie in eine ihr bislang unbekannte Gegend geflogen. Eywa hatte sie dort hin geführt. Doch alles, was Kee dort vorfand, war ein Baum, der wie ausgetrocknet schien, was aber nicht verwunderlich war, denn, so berichtet sie, die Erde sei an diesem Ort so heiß gewesen, dass sie nicht dort nicht einmal hatte richtig gehen können.

Ich horche überrascht und zugleich sehr interessiert auf, als Kee dann weiter spricht und uns erzählt, dass dieser Baum kaum, dass sie etwas Wasser auf seine Wurzeln gegeben hatte, anfing farbenfrohe Blüten hervor zu bringen. Kee ist selber immer noch verwundert über diese Sache, das merkt man ihr deutlich an. Sie führt dann zu ende: "Ich sammelte diese Blüten, Eywas Ruf folgend und verarbeitete sie dann mit Wasser und anderen Pflanzen und Kräutern zu einer pastenähnlichen Masse. Nur habe ich keine Ahnung, was ich damit nun anfangen soll?"  Sie schaut uns alle der Reihe nach etwas ratlos an und will gerade weiter berichten, als sie von einem ohrenbetäubenden und sehr schmerzerfüllten Schrei jäh unterbrochen wird.
Sey, Kee und auch ich springen auf, schauen nach oben, doch ehe wir richtig realisieren können, was los ist, fällt uns ein Ikran (Banshee) beinahe vor die Füße. Wir haben uns von dem Schrecken noch nicht ganz erholt, da folgen dem ersten ein zweiter und kurz darauf noch etliche andere Tiere. Sie alle schreien schmerzerfüllt, einige röcheln nur noch. Mir bleibt fast das Herz stehen, als ich Ya'rrì, meinen eigenen Ikran (Banshee) unter ihnen entdecke. Doch es ist noch nicht vorbei, denn nach und nach fallen auch Seys fliegender Begleiter und Kees Leeleey wie Steine vom Himmel. Es scheint förmlich Ikrane (Banshees) zu regnen.

Ich eile zu Ya'rrì, der mit hängendem Kopf, kraft- und fast leblos und nur leise röchelnd auf dem Boden liegt und sein Anblick schnürt mir fast den Hals zu. Was kann ich tun? Was können wir tun? Kee entsinnt sich schließlich, dass Eywa ihr noch irgendetwas mitgeteilt hatte. Dann erläutert sie uns, während sie die Paste holt, die sie zubereitet hatte: "Wir müssen es den Ikranen (Banshees) auf die Zunge streichen."  Ein gar nicht so leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, dass diese Tiere normalerweise mehr als angriffslustig sind und sehr lange Krallen und gefährliche Zähne haben.

Von nun an heißt es mit vereinten Kräften arbeiten und zugleich sehr vorsichtig sein, denn man kann nie wissen, wohin das Maul eines solchen Tieres, dass sich vielleicht in einer Art von Todeskampf befindet, schnappt. So versuchen wir die Tiere zu beruhigen, leise und sanft, so das denn möglich ist, auf sie einzureden und sie dazu zu bewegen, ihre Mäuler zu öffnen. Kee schafft dann nach einiger Zeit, was uns als unmöglich erscheint. Ihr gelingt es, einem der Ikrane (Banshees) etwas von ihrer Paste auf die Zunge aufzutragen. Sey ist auch sehr bemüht und schafft es auch einige Zeit später, einem anderen Tier zu helfen. Doch er stößt auf ähnliche Probleme wie ich, denn die Tiere, um die wir uns zu kümmern versuchen, sind trotz ihrer aussichtslosen Lage sehr stur und denken gar nicht daran, sich von uns helfen zu lassen.
Ich wende mich etwas entmutigt meinem Ya'rrì zu, verbinde mich mit ihm und bestreiche dann seine Zunge mit Kees Heilmittel. Natürlich lässt er es sich von mir gefallen, da ich ja mit ihm kommunizieren und ihn beruhigen kann. Meine Idee war ja, dass die anderen sehen, was ich mit ihm mache und es ihm dann vielleicht nachahmen. Doch meine Rechnung geht nicht auf. Als ich mich dem ersten Tier wieder zuwende, schreie ich Sey in einer Art Wut und auch Sorge an, dass er mir nun endlich einmal zur Hilfe kommen und dem Tier das Maul aufreissen soll. Im selben Moment tut es mir jedoch Leid, Sey so angefahren zu haben. Aber was soll ich machen?  Ich kann doch nicht einfach zusehen, wie dieses wundervolle Tier, unser tsmukan (Bruder), hier verendet!  Als Sey mir dann zur Hilfe eilt, geht es dem Ikran bereits sehr schlecht. Er bewegt sich kaum noch, sein Röcheln klingt sehr heiser, aber dennoch hält er sein Maul mit aller Kraft geschlossen. Sey gelingt es aber dann, wenn auch nur für kurze Augenblicke, mit einem Seil den Kiefer des Tieres etwas auseinander zu biegen. Ich glaube, seine Sorge ist eher, dass er den Ikran nicht verletzt oder ihm Schmerzen zufügt. Mit einer hastigen Handbwegung schaffe ich es dann, dem Tier die Zunge zumindest ein wenig mit dem Heilmittel zu bestreichen. Geschafft...

Dann helfe ich Kee, die jetzt neben einem anderen Tier hockt, das ebenfalls kaum noch die Kraft hat, sich zu wehren oder anzugreifen. Der gleiche Trick nocheinmal. Kee lenkst das Tier ab, ich gebe ihm das Heilmittel. Nach und nach gelingt es uns dann, einen Ikran nach dem anderen zu versorgen, wobei wir gar ncht bemerken, wie schnell die Zeit vergeht. Die Abendsonne färbt bereits den Himmel tief rot und ich frage mich, wo die Zeit geblieben ist?  Für mich waren es nur einige Augenblicke, doch in Wirklichkeit ist schon beinahe der ganze Tag vergangen.

Als dann endlich alle Ikrane versorgt sind, schauen wir uns noch einmal um, ob wir auch wirklich keines der Tiere übersehen haben. Nun heißt es: Abwarten. Wird Kees Heilmittel ihnen wirklich helfen?  Wir beobachten die Tiere ganz genau und es dauert zwar noch eine ganze Zeit, aber dann schafft es einer der Ikrane, sich mit etwas schwerfälligen Flügelschlägen und einem leuten Krächzen zu erheben in Richtung der schwebenden Felsen zu fliegen. Nach und nach folgen ihm die anderen dann und als Ya'rrì sich ihnen anschließt, fällt mir ein großer Stein vo Herzen. Auch Kees und Seys Ikrane fliegen dann davon, sie drehen noch eine Runde über unserem Tal, dann sind sie verschwunden.

Erschöpft, aber innerlich sehr glücklich, setzen wir uns noch etwas ans Feuer, um uns auszuruhen. Ich hole nach, was ich eben in der Hektik nicht tun konnte und entschuldige mich bei Sey dafür, ihn etwas laut angegangen zu sein. Er schaut mich aber mit einem verständnisvollen Blick, und ich glaube etwas wie Dankbarkeit erkennen zu können, an und nickt mir lächelnd zu. Ich denke, ich werde mich morgen bei Tagesanbruch auf den Weg hinauf zu den Felsen machen, um noch einmal nach ihnen, vor allem aber nach Ya'rrì zu sehen...



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