Mittwoch, 24. April 2013

Wutso Winataronhu / Ein Essen mit Winataron

Muntxatanil oeyä sì oel 'awsiteng yom teyluti ulte moer lu tìpängkxo.
(Mein Mann und ich essen zusammen Teylu und unterhalten uns.)

Schon sehr früh reite ich auf einem Pa'li (Schreckenspferd) aus. Mir ist einfach danach zumute und da die Anderen, Winataron eingeschlossen, wohl alle unterwegs zu sein scheinen, nehme ich mir eines der Tiere und wir traben in lockerem Galopp durch den Wald. Es ist ein angenehmer Tag und wir durchqueren das Tal der Stimmenbäume, wo ich kurz anhalte, um diesen wunderschönen Ort eine ganze Zeit lang anzuschauen. Einige ayayo (Vögel) ziehen über uns hinweg, die Insekten schwirren in ihre ständige Arbeit versunken um uns her und ich höre sogar einige Ikrane (Banshees) weit entfernt krächzen.

Als das Pa'li (Schreckenspferd) dann etwas hungrig wird, was ich über die Verbindung mit meinem Zopf wahrnehme, dirigiere ich es zurück in Richtung unseres Lagers, da auf dem Weg dorthin saftige, hohe Gräser wachsen, was diese Tiere sehr schätzen. Auch einige der Kelchpflanzen, aus denen sie mit ihren langen Zungen den süßen Nektar schlürfen, stehen dort. Unterwegs sammle ich aber noch rasch einige Kräuter ein, die ich in einem Beutel verstaue, den ich mir umgehängt hatte. Ich möchte einmal etwas neues beim Essen
ausprobieren...

Kurz vor unserem Lager springe ich von meinem Reittier ab, löse die Verbindung und bedanke mich bei ihm, bevor sich es zu seinen Artgenossen entlasse. Nachdem ich dann am Feuer meinen Beutel abgelegt habe, setze ich mich erst einmal einen Moment hin und überlege, wie ich es mit dem Essen genau anfangen soll?
Doch bevor sich zu einem Entschluss komme, höre ich genau die tiefe Stimme, die mir jedes Mal einen Schauer über den Rücken laufen lässt und die zu meinem muntxatan (Ehemann) gehört. Wir begrüßen uns mit einer sehr liebevollen Umarmung und ich stelle fest, dass ich ihn manchmal schon etwas vermisse, obgleich er noch gar nicht lange fort ist. Er erzählt mir, dass er bei einem von früher her befreundeten Clan gewesen ist und dass ihm dort von einer sehr alten Frau einige neue Kleidungsstücke gemacht worden sind.

Ich hatte gleich bemerkt, dass irgendetwas an ihm anders war als sonst und betrachte ihn genauer. Er sieht einfach toll aus und ich finde, die dunkle Kleidung passt zu seinen manchmal sehr dunklen und hin und wieder auch ebenso geheimnisvollen Augen, die ich sehr an ihm mag. Wina teilt mir mit, dass er schon sehr bald noch einmal dorthin fliegen möchte, da noch nicht alles fertig geworden sei, er aber heute unbedingt den Tag mit mir verbringen wollte.

Dann holt er eine sehr große und unheimlich farbenprächtige Blume hervor, die er mir von seiner Reise mitgebracht hat. Sie ist wunderschön und ich flechte sie mir sehr vorsichtig, um keines der zarten Blütenblätter zu verletzen, in mein Haar. Ich bin meinem yawntu (Liebsten) einfach immer dankbar, wenn er solch tolle Ideen hat. In solchen Momenten spüre ich einfach seine Liebe und es bedarf keiner Worte, um dies auszudrücken.

Er fragt mich dann, ob wir denn nun wüssten, woran unsere Ikrane vor einiger Zeit erkrankt waren, was ich ihm aber nicht beantworten kann. Daher erkläre ich ihm, dass Kee'lanee offenbar noch nicht zu Eywa gesprochen und sie danach gefragt hat. Ich werde sie wohl einmal darauf ansprechen, nehme ich mir vor, denn auch mich interessiert dies sehr.

Als Winataron mich dann wiederholt fragt, was wir denn nun miteinander anfangen könnten, ziehe ich ihn sanft, aber mit einem fordernden Blick anschauend, an mich heran und lege meine Stirn an die Seine. Doch vermutlich ist er etwas müde, denn er geht nicht, wie ich es des Öfteren schon erlebt habe, auf meine Geste ein. So bitte ich ihn schließlich ans Feuer und lege einige zusammengerollte Blätter neben die Flammen, um die darin befindlichen Teylu zu erhitzen. Wina weiß nicht, was sich in den Blättern befindet, scheint aber auch nicht raten zu wollen, als ich ihm gegenüber eine diesbezügliche Bemerkung mache.

Eigentlich wollte ich etwas besonderes ausprobieren, doch ich beschließe, die inzwischen fertigen Teylu dann vom Feuer zu nehmen und sie einfach nur mit den vorhin gesammelten Kräutern zu würzen. Mein yawntu (Liebsterscheint etwas verdutzt zu sein, weil er vielleicht diese Art, Teylu zuzubereiten, bisher noch nicht kennt. Aber es scheint ihm zu schmecken.

Mitten im Essen gebe ich mir aber dann einen Ruck und frage ihn, ob ich ihn in letzter Zeit nicht etwas mit meinem Kinderwunsch unter Druck setze. Auch will ich gerne von ihm wissen, ob er sich dadurch in seiner Freiheit eingeschränkt fühlt?  Lächelnd erklärt er mir aber, dass alles in Ordnung sei und dass er es sich, sollte Eywa uns ein Kind schenken, ebenso wünscht, wie ich. Als er mir jedoch erzählt, dass er Clans kennen würde, in denen die Männer oft sehr lange nicht im Lager bei ihren Frauen seien und die Mütter ihre Kinder dann gemeinsam aufziehen, erschrecke ich doch ein wenig, zeige es ihm aber nicht.

Wir wechseln das Thema und kommen darauf zu sprechen, dass er mir, Kind hin, Kind her, immer wichtiger sein wird als alles andere und dass ich für ihn sogar jederzeit mein Leben einsetzen und, wenn nötig, dass dafür auch gegen einen Palulukan (Thanator) kämpfen würde. Als Wina sein Essen plötzlich von sich weg schiebt und mich sehr böse anschaut, halte ich mitten im Kauen ein. Seine dunklen Augen scheinen mich anzublitzen als er sagt, dass er so etwas nicht wieder von mir hören will. Er nimmt mir dann sogar das Versprechen ab, dass ich wegen ihm niemals leichtsinnig handeln dürfe.

Der sehr ernste Ton, mit dem er dies zu mir sagt, lässt in mir für einen kurzen Augenblick die Frage aufkeinem, ob dies nun unser erster Streit ist oder wird?  So hat er mich bisher noch nie angesprochen und ich ihn ebenso wenig. Mit offenem Blick verspreche ich es ihm sogar bei unserer großen Mutter, nehme ihm aber umgekehrt das selbe Versprechen ab. Allerdings erkläre ich ihm mit fester Stimme, dass ich ihn jederzeit mit meinem Leben verteidigen werde, wenn ich eine Chance auf Erfolg sehe. Er, das weiß ich, würde das Selbe für mich gleichermaßen tun.

Als wir dann aufstehen, um uns in unseren gemeinsamen Cocon zu legen, ist mir zunächst etwas komisch zumute. Habe ich einen Fehler gemacht, indem ich ihm das so gesagt habe?  Ist es ein Fehler, offen über seine Sorgen zu sprechen, seine Fragen und seine Ängste?

Als wir jedoch dann in unserem Cocon liegen und ich mich eng an ihn schmiege, scheint diese Sache, zumindest vorerst, vergessen zu sein. Er nimmt mich fest in seine Arme und er ist wieder genau der Winataron, den ich kenne und den ich über alles liebe und den ich auch liebe, obwohl ich jetzt schon weiß, dass ich morgen früh wieder alleine aufwachen werde, weil er schon wieder unterwegs zu dem Clan ist, von dem er mir berichtete...

"Eywa möge Dich auf allen Deinen Wegen beschützen!", sage ich ihm leise, bevor ich meinen Schweif um uns beide lege und meine Augen, dabei mit meinem Kopf auf seiner Brust liegend, schließe und einfach nur seine Nähe spüre und genieße...

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